Ein Kind stürzt von der Kletterspinne und bricht sich ein Bein, klemmt sich die Finger, „nascht“ von giftigen Pflanzen oder holt sich beim Ballspielen eine blutige Nase. Dann müssen Kita-Erzieher schnell und professionell das Richtige tun.
Deshalb wurden bislang ALLE Kita-Fachkräfte im Zwei-Jahres-Rhythmus geschult. Doch das ist jetzt in Gefahr, denn die Unfallkasse Sachsen hat die Erstattung der Kosten für die Erste-Hilfe-Schulung halbiert.
Die Unfallkasse zahlt nur noch die Ausbildung für einen Erzieher pro Kindergruppe statt bisher zwei. Bei offener Arbeit ist es sogar nur ein Erzieher auf 15 Kinder. Bislang wurden zudem auch alle „Springer“ in Erster Hilfe geschult. Nun ist es noch einer pro Kita. Das Risiko, dass gerade kein geschultes Personal „greifbar“ ist, steigt und damit die Gefahr für Folgeschäden.
„Die Unfallkasse Sachsen hat diese „Regeln“ ohne Vorankündigung geändert – sogar rückwirkend zum 1. August“, erklärt Roy-Udo Heim, Ausbildungsleiter der sächsischen Johanniter. „Diese Informationen wurden leider nur auf der Internetseite der Unfallkasse veröffentlicht und auch auf Nachfrage werden uns keine Gründe für diese Reform genannt.“
Ebenfalls wenig Verständnis bringen die Erzieher in den Einrichtungen auf „Allein in unserer Kita haben wir mehrmals pro Woche Unfälle, die wir erstversorgen müssen. Im Früh- und Spätdienst sind zum Beispiel nur ein bis zwei Erzieher vor Ort, die Anforderungen an die Dienstplanung steigen erheblich. Im Urlaubs- oder Krankheitsfall kann unmöglich sichergestellt werden, dass die einspringende Fachkraft eine aktuelle Ersthelfer-Fortbildung hat“, erklärt Evi Zeise, stellvertretende Leiterin der Johanniter-Kindertagesstätte „Die Strolche“ in Leipzig.
„Diese Reform ist unmöglich umsetzbar und geht zu Lasten der Kinder.“ Zeise und das Kita-Team sind fest entschlossen, dass alle Erzieher weiterhin im Zwei-Jahrestakt geschult werden – vorerst auf eigene Rechnung. Mit diesem Problem müssen sich nicht nur die Johanniter beschäftigen – sondern alle Kita-Träger.
Ausbildungsfachmann Heim findet die Reform verheerend. „Auch in der Ersten Hilfe gibt es ständig neue Erkenntnisse. Früher hieß es zum Beispiel, dass ein Kind bei Nasenbluten den Kopf nach hinten strecken soll. Dann aber schluckt es zu viel Blut. Das wiederum führt zum Erbrechen, was automatisch den Blutdruck ansteigen lässt. Die Wunde in der Nase verschließt sich dadurch langsamer. Also war das, was wir früher gedacht haben einfach falsch. Nur durch regelmäßige und kompetente Schulungen können wir das Wissen auf den Stand der Zeit bringen. Ähnliche Mythen müssen wir bei ausgeschlagenen Zähnen und Zeckenbissen klarstellen“, sorgt sich Heim.
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