Vor 75 Jahren, am 20. Juli 1944, fand der bedeutendste Versuch statt, das nationalsozialistische Regime durch ein Attentat auf Adolf Hitler zu beseitigen. Zum Kreis der daran Beteiligten zählte neben zahlreichen Militärangehörigen wie General Friedrich Olbricht auch der frühere Leipziger Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler. In Erinnerung an die mehr als 200 nach dem gescheiterten Umsturzversuch ermordeten Männer und Frauen laden die Stadt Leipzig und die Bundeswehr die Leipziger zu einer Gedenkveranstaltung am Freitag, 19. Juli, um 11:30 Uhr zur Blumenniederlegung am Goerdeler-Denkmal vor dem Neuen Rathaus, Martin-Luther-Ring 4-6, ein.
Auswirkungen für Familien der Verschwörer: Ausstellung ab 4. Juli im Neuen Rathaus
Im Anschluss kann in der Unteren Wandelhalle des Neuen Rathauses noch einmal die von Donnerstag, 4. Juli, bis 22. Juli geöffnete Ausstellung „’Unsere wahre Identität sollte vernichtet werden.’ Die nach dem 20. Juli 1944 nach Bad Sachsa verschleppten Kinder“ besucht werden.
Die Schau in Zusammenarbeit mit der „Stiftung 20. Juli 1944“ und der Stadt Bad Sachsa widmet sich den gravierenden Auswirkungen für die Familien der Verschwörer.
Ende Juli/Anfang August 1944 wurde in Bad Sachsa das Kinderheim „Bremen“ der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“ auf Weisung des Berliner Reichssicherheitshauptamtes überstürzt geräumt. Vier Häuser, nach Alter und Geschlecht getrennt, und eines für Babys und Kleinkinder werden für insgesamt bis zu 200 Kinder vorbereitet. Ihre Väter sind am Umsturzversuch des 20. Juli 1944 beteiligt gewesen und nach Todesurteilen des „Volksgerichtshofes“ ermordet worden oder haben sich als Angehörige des Nationalkomitees „Freies Deutschland“ in der sowjetischen Kriegsgefangenschaft gegen die nationalsozialistische Diktatur gewandt.
Ihre Mütter sind vielfach in Gefängnissen oder Konzentrationslagern als „Sippenhäftlinge“ inhaftiert. Die Kinder erhalten neue Vor- und Nachnamen. Geschwister werden oft getrennt, die Nennung der wahren Namen bleibt verboten. Viel spricht dafür, dass zumindest die jüngeren Kinder zur Adoption freigegeben werden sollen, die älteren sind wohl – unter ihren neuen Namen – für den Besuch nationalsozialistischer Internate vorgesehen.
Doch Ende September 1944 änderte die nationalsozialistische Führung ihre Politik. Als jetzt einige Mütter aus der „Sippenhaft“ entlassen werden, bringt ihnen die Gestapo auch ihre Kinder aus Bad Sachsa zurück. Sie werden nicht mehr als Druckmittel gegen die Väter benötigt. Die verbliebenen Kinder sollen Anfang April 1945 in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht werden, wo sich bereits eine größere Gruppe von „Sippenhäftlingen“ befindet.
Doch ein schwerer Luftangriff auf Nordhausen, bei dem auch die Bahnanlagen zerstört werden, verhindert dies. Die Kinder kehren ins Heim zurück und verbringen die letzten Kriegstage im Keller eines Hauses. Am 12. April 1945 besetzen amerikanische Truppen Bad Sachsa. Der neue kommissarische Bürgermeister Müller stellt die verbliebenen Kinder unter seinen persönlichen Schutz. Doch viele von ihnen können erst im Sommer oder Herbst 1945 zu ihren Müttern zurückkehren.
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