Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 gegen die kommunistische Diktatur in der DDR ist ein zentrales Datum der deutschen Demokratiegeschichte. Nur wenige Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur und der kurze Zeit später im Osten Deutschlands errichteten SED-Diktatur gingen die Menschen in fast 700 Orten für Freiheit, Demokratie und Deutsche Einheit auf die Straße. Das Eingreifen der sowjetischen Besatzungsmacht und der Deutschen Volkspolizei schlugen diesen friedlichen Aufstand blutig nieder.
Wie in jedem Jahr lädt das Bürgerkomitee Leipzig e.V. in Kooperation mit der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) und anderer Verfolgtenverbände am 17. Juni 2019, 17.00 Uhr, anlässlich des Jahrestages des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 zu einer Gedenkveranstaltung mit Kranzniederlegung ein. Der Sächsische Staatsminister der Justiz und Mitglied des Sächsischen Landtages Sebastian Gemkow wird in diesem Jahr die Gedenkrede halten.
Gedenkveranstaltung mit Kranzniederlegung und Schweigeminute
Das Bürgerkomitee Leipzig e.V. lädt in Kooperation mit der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) und anderer Verfolgtenverbände am 17. Juni 2019, um 17.00 Uhr, anlässlich des 66. Jahrestages des Volksaufstandes an der Gedenktafel in der Straße des 17. Juni zum Gedenken an die Opfer des 17. Juni 1953 ein.
Nach einem Grußwort des Leiters der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ Tobias Hollitzer, wird Sebastian Gemkow die Gedenkrede halten. Er setzt sich stets für die Opfer politischer Gewaltherrschaft ein und die Aufarbeitung der SED-Diktatur ist ihm ein Anliegen. Im Anschluss wird Manfred Romboy, ein Zeitzeuge des 17. Juni 1953, schildern, wie er den Volksaufstand in Leipzig erlebt hat.
Wegen seiner Fotoaufnahmen vom 17. Und 18. Juni wurde Romboy verhaftet. 1961 floh er aus der DDR und wurde Kameramann beim WDR. Fünf Jahre vor der Friedlichen Revolution arbeitete Romboy als Korrespondent im ARD-Studio in Moskau.
Musikalisch umrahmt wird die Kranzniederlegung von den Leipziger Blechbläsersolisten. Die Veranstaltung wird gefördert durch den Sächsischen Landtag und den Sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Aktive Erinnerung an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 und seine Opfer ist für die Gestaltung unseres demokratischen Rechtsstaates unverzichtbar
Seit 1945 gab es Widerstand gegen die Errichtung einer kommunistischen Diktatur im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands, der einen ersten Höhepunkt in den Protesten vor 66 Jahren fand. Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der damaligen DDR zu Demonstrationen und Streiks von insgesamt mehr als einer Million Menschen. In Leipzig legten am 17. Juni insgesamt 27.000 Arbeiter und Angestellte in über 80 Betrieben die Arbeit nieder.
Am Nachmittag demonstrierten bereits über 40.000 Menschen auf verschiedenen Routen durch Leipzig. Schon damals waren „Deutsche Einheit“ und „Freie Wahlen“ zentrale Forderungen des friedlichen Protestes. So zeigte sich in diesem ersten antidiktatorischen Aufstand im kommunistischen Machtbereich das Streben der Menschen in der DDR nach Demokratie und Freiheit, das schließlich am militärischen Eingreifen der sowjetischen Besatzungsmacht scheiterte.
Mit dem Einsatz von Schusswaffen und der Verhängung des Ausnahmezustandes wurden alle Hoffnungen auf Veränderungen zerstört. Neun Tote und mindestens 95 Verletzte waren allein im Bezirk Leipzig zu beklagen. Unmittelbar nach dem Aufstand setzte eine große Verhaftungswelle ein. Von den durch Stasi und Volkspolizei in Leipzig fast 1.000 Verhafteten wurden in den Folgemonaten über 100 Personen – teils in Schauprozessen – zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, einer auch zum Tode.
Ein bewusstes Erinnern an den Volksaufstand und seine Opfer war in der DDR nicht möglich. Während die Bundesrepublik den 17. Juni zum gesetzlichen Feiertag und später zum nationalen Gedenktag erklärte, wurde er vom SED-Regime bis zum Schluss als „faschistischer“ bzw. „konterrevolutionärer Putschversuch“ diffamiert. Seit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurde der bisherige Nationalfeiertag in Westdeutschland vom 17. Juni auf den 3. Oktober gelegt.
Der 17. Juni scheint jenseits runder Jubiläen zunehmend in den Hintergrund und damit in Vergessenheit zu geraten. Dies darf nicht passieren! Denn gerade dieser friedliche Aufstand für Freiheit und Demokratie gegen die kommunistische Diktatur zeigt eindrücklich, wie unerlässlich die 1989 erworbene Demokratie und Freiheit sind und dass wir uns für deren Erhalt immer wieder besonders auch in der Gegenwart einsetzen müssen.
Leipzig hat heute drei Gedenkorte an die Opfer des Volksaufstandes
In der DDR wurde der Aufstand als ein vom Westen gesteuerter faschistischer Putschversuch diffamiert, so dass ein angemessenes Gedenken erst nach der Friedlichen Revolution möglich wurde. Seit 1994 erinnert in der Straße des 17. Juni eine Gedenktafel am Eingang der ehemaligen Haftanstalt, also an jenem Ort, an dem es zum ersten Todesopfer des Aufstandes kam, an die „Opfer 1933-1945 und 1945-1989“.
Im Jahr 2003 wurden zwei Bronzeabdrücke von Panzerketten ebenerdig in den Boden des Salzgässchens am Markt eingelassen, um an die militärische Niederschlagung des Volksaufstandes zu erinnern und im Vorjahr wurde die 1994 installierte Grab- und Gedenkanlage für die „Opfer kommunistischer Gewalt 1945-1989“ auf dem Leipziger Südfriedhof aufgewertet.
Allerdings liegt dieser Gedenkort für die Opfer der Gewaltherrschaft von 1945 bis 1989, auf dem auf kleinen Granitplatten auch die Namen der Toten des 17. Juni 1953 verzeichnet sind, unscheinbar am äußersten Rand. Aber an zentraler Stelle findet sich auf demselben Friedhof noch heute der ehemalige sozialistische Ehrenhain, in dem an SED-Funktionäre erinnert wird, darunter auch die ersten beiden Stasi-Chefs von Leipzig.
Besonderer Erinnerungstipp: „App Leipzig 1953“
Die vom Bürgerkomitee Leipzig erstellte App „Leipzig 1953“ erinnert an 13 bedeutende Widerstandes am 17. Juni 1953 in Leipzig und klärt über die Ursachen, den Verlauf und die Folgen des Volksaufstandes auf. Der Multimediaguide mit GPS-geführtem Rundgang und Audioführung enthält auch zeitgenössische Fotos und Dokumente sowie Ton- und Filmmaterial für eine tiefergehende Befassung direkt an den Ereignisorten. Auch die drei Leipziger Gedenkorte sind enthalten.
Keine Kommentare bisher