Was können Verbraucher tun, wenn sie ungewollt ihren Energieversorger gewechselt haben und der Vertrag mit dem bisherigen Versorger gekündigt ist? Dr. Katarzyna Trietz, Energierechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB), informiert über Möglichkeiten, mit dem ungewollten Wechsel umzugehen und gibt Tipps, sich vor der Masche zu schützen.
Frau Dr. Trietz, wie kann es passieren, dass Verbraucher ungewollt ihren Energieversorger wechseln?
Dr. Katarzyna Trietz: „In der Beratung berichten uns betroffene Verbraucher von unterschiedlichen Methoden: Es gibt Fälle, in denen sie von vermeintlichen Mitarbeitern ihres Energieversorgers angerufen wurden. In anderen stand unangekündigt ein Vertreter vor ihrer Tür.
Immer aber werden die Verbraucher unter einem Vorwand, zum Beispiel der Aktualisierung ihrer Vertragsdaten, in ein scheinbar unverbindliches Gespräch verwickelt. Dabei geben sie dann arglos persönliche Daten und Informationen preis, wie die Zählernummer oder den Namen des aktuellen Vertragspartners, mit denen Unbefugte ohne ihr Wissen den alten Vertrag kündigen und einen neuen bei einem anderen Energieversorger abschließen können.
Ein paar Tage nach dem Gespräch erhält der nichts ahnende Verbraucher schließlich einen Brief über den erfolgreichen Wechsel des Energieversorgers. Meist zeitgleich mit der Kündigungsbestätigung des alten Versorgers.“
Was können Betroffene tun, wenn sie mit dem Vertragswechsel nicht einverstanden sind?
Trietz: „In vielen Fällen hat der Verbraucher zwar gar keinen neuen Vertrag wirksam abgeschlossen. Aber selbst dann ist der Widerruf der einfachste Weg aus dem untergeschobenen Vertrag herauszukommen. Eigentlich hat man dazu ab Vertragsschluss 14 Tage Zeit. Wenn man nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert wurde, erhöht sich die Frist auf ein Jahr und 14 Tage. Grundsätzlich empfehlen wir Betroffenen, schnellstmöglich zu handeln.
Es handelt sich bei dem untergeschobenen Energievertrag um eine Masche. Betroffene sollten daher zusätzlich zum Ausdruck bringen, dass der Wechsel ohne ihr Einverständnis zustande gekommen ist.“
Woher kommen dann Strom oder Gas, wenn der Vertrag widerrufen wird?
Trietz: „Es ist wichtig zu wissen, dass der Verbraucher keine Angst haben muss, ohne Strom oder Gas zu bleiben. Denn nach dem erfolgreichen Widerruf übernimmt der örtliche Grundversorger die Energielieferung. Die Tarife der Grundversorger sind meist teurer als bei einer Sonderversorgung. Wir empfehlen Betroffenen daher, zügig den Tarif zu wechseln und sich einen neuen Energieanbieter zu suchen.“
Darf ein Energieversorger wirklich ohne Einverständnis des Verbrauchers einen bestehenden Vertrag kündigen?
Trietz: „Nein, das darf er nicht. Die Verbraucherzentralen haben kürzlich ein Urteil beim Landgericht München I erstritten. Das Gericht stellte klar, dass dem neuen Energieversorger eine Vollmacht zur Kündigung des alten Vertrages in Textform vorliegen muss – auch wenn im Wechselprozess weiterhin auf den Nachweis verzichtet wird. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Um Verbraucher auf dem Energiemarkt besser zu schützen, plant das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen Gesetzesentwurf. Demnach sollen telefonisch abgeschlossene Verträge erst dann wirksam sein, wenn der Verbraucher sie noch einmal in Textform bestätigt hat.“
Wie können sich Verbraucher in Zwischenzeit vor einem ungewollten Wechsel des Energieversorgers schützen?
Trietz: „Verbraucher sollten keine persönlichen Daten zu ihrem Energievertrag oder die Zählernummer am Telefon oder an der Tür herausgeben.“
Verbraucher, die Rechtsbeistand bei einem ungewollten Wechsel des Energieversorgers benötigen oder Fragen zu ihrem Gas- oder Stromvertrag haben, können sich an die Verbraucherzentrale wenden:
- in den Verbraucherberatungsstellen, Terminvereinbarung unter 0331 / 98 22 999 5 (Mo bis Fr, 9 bis 18 Uhr) oder online unter www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/termine sowie
- E-Mailberatung auf www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/emailberatung
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