Zu den Plänen des Sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow (CDU), mehr staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen Bagatelldelikten bei den Gerichten zur Anklage zu bringen, erklärt Katja Meier, rechtspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag: "Die vom Generalstaatsanwalt vorgestellte Rundverfügung ist ein weiterer Schritt in der aktuellen symbolpolitischen Repressionswelle der Staatsregierung. Es braucht keine Glaskugel, um die wachsenden Aktenstapel und unangemessen langen Verfahrensdauern für Schwarzfahrerinnen und Ladendiebe vorauszusehen."
“Solche Bagatelldelikte müssen nicht mit Anklage und Gerichtsverhandlung behandelt werden. Die personellen Ressourcen der Justiz sind für eine schnellere Bearbeitung von erheblichen Strafverfahren sinnvoller einzusetzen.”
“Vorhersehbar ist auch, wen diese symbolpolitische Entscheidung treffen wird: Sogenannte Bagatelldelikte entstehen oft aus sozialer Not, Drogenabhängigkeit oder Wohnungslosigkeit heraus. Es werden häufig kurze Freiheitsstrafen oder Geldstrafen verhängt, die nicht bezahlt werden können und ersatzweise in den ohnehin überbelegten Gefängnissen verbüßt werden müssen. In beiden Fällen ist wegen der kurzen Haftdauer keinerlei positive Wirkung auf den Einzelnen im Sinne einer Resozialisierung zu erwarten. Im Gegenteil: die kurze Inhaftierung führt regelmäßig zu einer weiteren Ent-Sozialisierung und einer hohen Rückfallrate.”
“Die angekündigten Fahrverbote, die unabhängig von der Straftat verhängt werden sollen, treffen im Zweifel die Falschen. Strafen müssen gleichermaßen für alle wirken. Während für einen LKW-Fahrer oder eine Taxifahrerin diese Art von Sanktion einem Berufsverbot gleichkommt, hat es auf andere ‘Bestrafte’ kaum Auswirkungen. Im ländlichen Raum führt ein Führerscheinentzug zur erheblichen Mobilitätseinschränkung. In den Groß- und Mittelstädten gibt es Ausweichmöglichkeiten.”
“Die Rundverfügung widerspricht zudem auch den Richtlinien, die den Staatsanwaltschaften erst im letzten September vorgelegt wurden. Mit diesen sollten Ermittlungsverfahren effektiviert und öfter im beschleunigten Verfahren verhandelt werden, um die Staatsanwaltschaften und Gerichte zu entlasten. Zur Effektivierung gehört zwingend die Ausnutzung der gesetzlichen Regelungen zur Einstellung von Ermittlungsverfahren. Jetzt sollen diese Verfahren um jeden Preis durchgezogen werden. Das bedeutet nicht nur Mehrarbeit für die Staatsanwaltschaften, sondern auch für die Richterinnen und Richter, die umso genauer überprüfen müssen, ob nicht doch eine Verfahrenseinstellung angezeigt ist.”
“Das Bundesverfassungsgericht verlangt von den Bundesländern eine im Wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis. Erst vor kurzem hat eine Studie gezeigt, dass es in der deutschen Justiz erhebliche regionale Unterschiede hinsichtlich der Verurteilungen gibt. Diese Unterschiede werden durch die Sächsische Staatsregierung nun in repressiver Weise verfestigt.”
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