Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, erklärt zur Auswertung der Antworten auf mehrere Kleine Anfragen: Im Schatten des AfD-Aufstiegs kommt es zu starken Verschiebungen bei extrem rechten Parteien in Sachsen. Meine jüngsten Landtags-Anfragen zeigen: Die NPD ist im freien Fall und verliert immer mehr Mitglieder. Die Konkurrenz von „Der III. Weg" ist dabei, ihr den Rang abzulaufen.
So hat „Der III. Weg” im Freistaat inzwischen 125 Mitglieder aufgenommen (Parlaments-Drucksache 6/16132). Das sind noch keine Massen – trotzdem gelang der Gruppe, die als Auffangbecken für den harten, elitären Kern der Naziszene gilt, eine Verdopplung binnen zwei Jahren. Bundesweit gibt es mehr als 500 Mitglieder, neben dem Stammland Bayern dürfte Sachsen am bedeutsamsten sein.
Wie eine Auswertung meiner monatlichen Anfragen zu Aktivitäten der extremen Rechten zeigt (zuletzt: Drucksache 6/16105), gab es im Jahr 2018 sachsenweit mindestens 72 Aktionen von „Der III. Weg”. Offensichtlich entwickelt sich die Partei vom braunen Zwerg zum aktivistischen Vorturner für die rechte Szene.
Klarer Schwerpunkt sind Plauen (27), Zwickau (17) und Chemnitz (10), inzwischen fällt die Partei aber beispielsweise auch im Raum Leipzig auf. Bedenklich: Kinder und Jugendliche sind eine wichtige Zielgruppe, an sie richteten sich neun der Aktionen – darunter etwa wiederholte „Selbstverteidigungs-Kurse”.
Die nächste Großaktion mit voraussichtlich mehreren hundert Teilnehmenden ist für den 1. Mai geplant, wiederum in Plauen. Die Mai-Aufmärsche der Partei sind vor allem im militanten Szene-Flügel berüchtigt, viele sehen Chancen auf Krawall. Derweil gibt es aber auch zu anderen rechten Strömungen keine Berührungsängste. So beteiligten sich Anhänger von „Der III. Weg” im August und September an Veranstaltungen der AfD in Plauen.
Interessant: Sachsens Innenministerium gab im vergangenen Jahr an, ein mögliches Verbot von „Der III. Weg”, das etwa in Bayern offen diskutiert wurde, skeptisch zu sehen. Auf meine Nachfrage bestätigte Innenminister Wöller jetzt aber, dass sich Behörden weiterhin zu der Frage austauschen, ob „Der III. Weg” überhaupt eine Partei ist – was bei einem möglichen Verbot einen großen Unterschied machen würde. Es ist richtig und wichtig, die Entwicklung genau im Auge zu behalten.
Dagegen ist die NPD, die im eigenen Spektrum lange Zeit so etwas wie eine Hausmacht war, in Sachsen nur noch ein Schatten ihrer selbst (Drucksache 6/16142). Die Zahl der Mitglieder wird auf derzeit nur noch 300 geschätzt. Damit hat der sächsische Verband in Jahresfrist satte 100 Mitglieder verloren – und im Vergleich zu 2015 sogar die Hälfte seiner Leute eingebüßt. Vor zehn Jahren hatte die Partei im Freistaat noch mehr als 800 Mitglieder, saß im Landtag. Ihre Ankündigung, im Herbst zur nächsten Landtagswahl wieder anzutreten, kann man unter Ulk verbuchen.
Nicht viel besser sieht es beim Parteinachwuchs aus, den „Jungen Nationalisten” (Drucksache 6/16139). Eine aktuelle Mitgliederzahl nennt mir der Innenminister nicht, im Jahr 2017 waren es aber gerade mal 50 gewesen – wie auch bei der Mutterpartei hatte sich das Potenzial im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren glatt halbiert.
Der Trend dürfte sich auch nach Auffassung des Innenministeriums fortsetzen: In vielen Regionen fehlen der JN „geeignete Führungspersonen”, derzeit kann sie keine neuen Interessenten binden. Geplantes „Highlight” für dieses Jahr: Die JN steht hinter einem Aufmarsch („Tag der deutschen Zukunft”), der am 1. Juni 2019 in Chemnitz stattfinden soll – genau dort, wo sich „Der III. Weg” breitmacht.
Eine gute Nachricht gibt es: Die weitere braune Partei „Die Rechte” – zeitweise galt sie als möglicher Profiteur des NPD-Niedergangs – ist fast in der Versenkung verschwunden (Drucksache 6/16133). Sie verfügt in Sachsen über gerade einmal noch 15 Mitglieder, intakte Strukturen fehlen. In der hiesigen rechten Szene, so die neueste Einschätzung des Innenministeriums, besitzt die Partei „keine Bedeutung mehr”.
Keine Kommentare bisher