Die Frage, wie hoch die Rotwildbestände sein dürfen, damit eine nachhaltige Waldverjüngung nicht gestört wird, ist derzeit – besonders im Erzgebirge – Gegenstand hitziger Debatten. Auch der NABU Sachsen hat mitdiskutiert und sich nun, aufgrund der Vielschichtigkeit und Emotionalität des Themas entschieden, seine Beteiligung am offenen Brief vom 10. Dezember 2018 an den Sächsischen Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft zur Rotwildbejagung im Erzgebirge zurückzuziehen.
Dies wurde Minister Thomas Schmidt und den Unterzeichnern vom NABU‐Landesvorsitzenden Bernd Heinitz offiziell mitgeteilt. In dem offenen Brief hatte der NABU gemeinsam mit sechs weiteren Natur‐ und Waldschutzverbänden ein Positionspapier des Landesjagdverbandes und der Hegegemeinschaften in seinen wesentlichen Punkten abgelehnt und sich für eine temporäre Anpassung der Rotwildbestände ausgesprochen.
Vor allem aus den NABU‐Untergliederungen im Erzgebirge gab es jedoch Einwände, dass der offene Brief den Intentionen des NABU nicht gerecht werde. Naturschutz und der Erhalt der biologischen Vielfalt kämen nicht ausreichend zur Geltung bzw. würden nur einseitig dargestellt. Der NABU Sachsen will sich nun innerhalb des Verbandes der Diskussion zum Thema Wald und Wild stellen. An deren Ende soll eine für Sachsen einheitliche Position stehen, die der Komplexität und Dringlichkeit des Themas Rechnung trägt.
„Die biologische Vielfalt schwindet zusehends, die Stabilität unserer Ökosysteme gerät zunehmend aus den Fugen, nicht nur im Offenland, auch im Wald. Es muss schleunigst gegengesteuert werden“, sagt Heinitz. Der Erhalt der Biodiversität stehe für den NABU gleichwertig neben der Eindämmung des Klimawandels. Nur wenn man beide Probleme im Zusammenhang betrachte, können tragfähige Konzepte entstehen und dabei spiele auch das Wild eine maßgebliche Rolle.
„Es ist an der Zeit, nach zukunftsträchtigen Lösungen zu suchen, die dem Rothirsch – einer vorwiegend tagaktiven und das Offenland bewohnenden Art – wieder ein einigermaßen artgerechtes Leben gestatten“, konstatiert Bernd Heinitz.
Hintergrund
Der NABU und die Verbände äußerten sich zu den Forderungen des Landesjagdverbandes und der Hegegemeinschaften zur Beibehaltung der bisherigen Wildbestandsdichte, insbesondere beim Rotwild, im Dezember 2018 mit großer Besorgnis. Derzeitige Wildbestände beeinträchtigten häufig eine nachhaltige Waldverjüngung sowie die Biodiversität im Wald, hieß es im offenen Brief.
In strukturreichen Mischwäldern beheimatete Arten fänden angesichts überhöhter Wildbestände keinen Lebensraum und Waldbesitzer seien erhöhten Belastungen zum Waldschutz durch Verbiss und Schälung ausgesetzt. Bedenken aus den eigenen Reihen ließen den NABU Sachsen seine Beteiligung am offenen Brief nun zurückziehen.
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