Eine neue Studie von Leipziger Wissenschaftlern bescheinigt der Psychotherapie die größten und langanhaltendsten Effekte bei der Behandlung einer Binge-Eating-Störung. Gewichtsreduktions-, pharmakologische und Selbsthilfe-Behandlung schnitten schlechter ab. Die Ergebnisse zur Effektivität der verschiedenen Behandlungsformen wurden kürzlich im Journal of Consulting and Clinical Psychology veröffentlicht.
Menschen mit einer Binge-Eating-Störung leiden unter regelmäßig wiederkehrenden Essanfällen. Innerhalb kurzer Zeit, meist nur wenigen Stunden, nehmen sie deutlich mehr Nahrung zu sich als normal und haben das Gefühl, die Kontrolle über ihr Essverhalten zu verlieren.
Diese Essanfälle werden in der Regel durch negative Stimmung ausgelöst. Häufig geht die Erkrankung einher mit einem geringen Selbstwert, anderen psychischen Störungen wie Depression sowie mit Adipositas (Fettleibigkeit). Für eine Behandlung der Binge-Eating-Störung kommen verschiedene Therapieformen in Frage.
Wie effektiv die verschiedenen Therapieformen sind, haben Wissenschaftler der Leipziger Universitätsmedizin um Prof. Dr. Anja Hilbert vom IFB AdipositasErkrankungen aktuell untersucht. In einer groß angelegten Meta-Analyse verglichen sie die Effekte verschiedener randomisiert-kontrollierter Studien.
„Im vergangenen Jahrzehnt hat sich die Zahl der Studien zur Behandlung der Binge-Eating-Störung fast verdoppelt. Unsere Studie fasst zusammen und bestätigt, verfeinert und erweitert frühere Erkenntnisse aus umfassenden Meta-Analysen“, sagt Anja Hilbert, Professorin für Verhaltensmedizin an der Universität Leipzig.
Psychotherapie, vor allem die Kognitive Verhaltenstherapie, erwies sich als hoch effektiv in der Behandlung der Essanfälle. Die mit Psychotherapie behandelten Patienten hatten im Vergleich zu unbehandelten Kontrollgruppen eine zehnfache Wahrscheinlichkeit, zum Behandlungsende nicht mehr unter Essanfällen zu leiden.
„Auch langfristig waren die Therapieerfolge nachweisbar“, sagt Hilbert. Andere Therapieformen schnitten schlechter ab. Die Adipositasverhaltenstherapie zur Gewichtsreduktion war deutlich weniger effektiv in der Behandlung der Essanfälle. Die strukturierte Selbsthilfe, bei der Betroffene Arbeitsmaterialien und Informationen zur Binge-Eating-Störung erhalten, erzielte hingegen etwas schwächere Effekte als Psychotherapie im Vergleich zu unbehandelten Kontrollgruppen.
Auch eine Pharmakotherapie, etwa mit Antidepressiva, erwies sich als weniger erfolgreich: Patienten, die pharmakotherapeutisch behandelt worden waren, hatten im Vergleich zu Placebo-Gruppen eine zweifach erhöhte Wahrscheinlichkeit, nach Behandlungsende nicht mehr unter Essanfällen zu leiden.
Die Ergebnisse der Untersuchung sind von großer klinischer Relevanz. Sie fanden bereits Eingang in die neue wissenschaftliche S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen (DGESS) zur „Diagnostik und Therapie der Essstörungen“.
Originalveröffentlichung in Journal of Consulting and Clinical Psychology:
“Meta-Analysis of the Efficacy of Psychological and Medical Treatments for Binge-Eating Disorder”, DOI: 10.1037/ccp0000358
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