Das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek zeigt ab 6. Februar unter dem Titel „Zirkus in der Druckerei“ eine Kabinettausstellung zur Tschechischen Avantgarde in der Buchkultur am Anfang des 20. Jahrhunderts. Damit rückt ein Land in den Fokus der Aufmerksamkeit, das im kulturellen Gedächtnis Europas nicht zu den ersten zählt, wenn es um die Avantgardebewegungen geht. Das verspricht Entdeckungen und ist zugleich ein Vorbote für das Gastland der Leipziger Buchmesse 2019 – Tschechien.
Die 1918 gegründete Tschechoslowakische Republik bot einen fruchtbaren Boden für Neues in allen Bereichen der Kultur. Eine von internationaler Offenheit geprägte Aufbruchsstimmung in Malerei, Architektur und Film ergriff auch die Verlagswelt und die Buchkunst. Grafiker, Schriftsteller und Verleger wirkten gemeinsam daran, künstlerisch anspruchsvolle ‚Bücher für alle Sinne‘ zu schaffen und einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Der Zirkus mit seiner Mischung aus artistischer Darbietung, Unterhaltung und ausgefallenen optischen Effekten diente ihnen neben Film und Varieté als wichtige Inspirationsquelle. Die Umsetzung der künstlerischen Konzepte im Buch stellte für die Druckereien eine große Herausforderung dar.
Der Kritiker, Publizist und Künstler Karel Teige, einer der Protagonisten der tschechischen Avantgarde, beschreibt die Herstellung der Bücher nicht zufällig mit dem Bild des „Zirkus … wie kaum einen anderen auf der Welt. Der Setzer lief von Setzkasten zu Setzkasten durch die ganze Setzerei, um den Anweisungen des Anstifters nachzukommen.“
Mit originellen Einfällen revolutionierten die Künstler nicht nur den Buchumschlag, sondern auch Satz und Illustration bis hin zum Impressum und den stets neu gestalteten Verlagszeichen. Das Ergebnis: kleine überraschende Gesamtkunstwerke.
Wer sich von der innovativen Kraft der tschechischen Typografie und Gestaltung in der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts überraschen und begeistern lassen möchte, wird in der Kabinettausstellung fündig und kann sich von der Modernität und Unverbrauchtheit der tschechischen Avantgarde überzeugen.
Gegliedert ist die Ausstellung nach künstlerischen Techniken und Formaten – vom Linolschnitt über das Bildgedicht und rein typografische Lösungen bis hin zu Fotomontagen. Die künstlerisch anspruchsvoll gestalteten Gebrauchsbücher und Zeitschriften aus zwei Jahrzehnten (1918–1938) stammen zum Großteil aus der Sammlung Vloemans, die in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) ihre Heimstatt gefunden hat.
Die Ausstellung findet im Rahmen des deutschlandweit gefeierten Jubiläums Bauhaus100 statt und fokussiert in diesem Kontext auf den künstlerischen Austausch in Europa am Anfang des 20. Jahrhunderts. Mit Blick auf die aktuelle Situation in Europa ist die Schau daher zugleich eine Retrospektive auf eine Phase des reichen kulturellen Austauschs mit Mittel- und Osteuropa.
Eine Ausstellung des Deutschen Buch- und Schriftmuseums und der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, anlässlich des Tschechischen Kulturjahrs 2019, in Kooperation mit dem Museum der Tschechischen Literatur Prag und dem Gastland Tschechien – Kulturministerium der Tschechischen Republik, Mährische Landesbibliothek und Leipziger Buchmesse
Zirkus in der Druckerei. Tschechische Avantgarde
Kabinettausstellung im Tresor des Deutschen Buch- und Schriftmuseums der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig
6. Februar bis 11 August 2019
Dienstag bis Sonntag sowie feiertags 10–18 Uhr, Donnerstag 10-20 Uhr,
Der Eintritt ist frei.
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