Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat heute in zwei Verfahren entschieden, dass die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) auf von Amazon gepachteten Parkplätzen Streikposten aufstellen durfte. "Diese Urteile sind eine wesentliche Entscheidung zur Rechtsklarheit bei der Durchführung von Streiks - nicht nur bei Amazon. Mit der Entscheidung hat das BAG anerkannt, dass dem verfassungsrechtlich verbrieften Streikrecht Vorrang gegenüber dem Besitzrecht an einem Betriebsparkplatz gebühren kann", sagte ver.di Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.
Gegenstand der beiden Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht (1 AZR 12/17 und 1 AZR 189/17) war die Frage, ob die Gewerkschaft Informationen über den laufenden Streik an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf einem nicht zum eigentlichen Betriebsgelände gehörenden Parkplatz weitergeben darf, den Amazon angemietet hat, der aber wesentlicher Zugangsbereich zum Betriebsgelände ist. Das Gericht hatte zu entscheiden, ob das schrankenlose Grundrecht aus Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz (Streikrecht) mit dem Besitzrecht an diesem Parkplatz kollidiert, wobei der Einsatz der Streikposten den Betriebsablauf nicht gestört hat.
Zwei Landesarbeitsgerichte kamen im Vorfeld des BAG-Urteils für zwei Amazon-Standorte zu unterschiedlichen Entscheidungen: Das Landesarbeitsgericht (LArbG) Rheinland-Pfalz (vom 31. August 2016 – 4 Sa 512/15) entschied, dass Amazon nicht verpflichtet sei, Streikmaßnahmen auf seinem Betriebsgelände zu dulden. Das LArbG Berlin-Brandenburg (vom 29. März 2017 – 24 Sa 979/16) kam hingegen zu dem Ergebnis, dass Amazon von ver.di nicht grundsätzlich die Unterlassung von Streikpostenaktivitäten auf dem Betriebsparkplatz der Klägerin verlangen könne.
Den Amazon-Beschäftigten werden seit Jahren tariflich geregelte Arbeitsbedingungen verwehrt. Der weltweit größte Online-Händler ist bekannt für seine grundsätzliche Verweigerungshaltung gegenüber Tarifverträgen. Wie auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg feststellte, geht es Amazon um die Verhinderung von jeglichem gewerkschaftlichen Einfluss ihrem Unternehmen. Amazon hat mittlerweile 12 Eil- und Klageverfahren vor vier Arbeitsgerichten und vier Landesarbeitsgerichten angestrengt, um zu verhindern, dass ver.di die Amazon-Beschäftigten im Streik ansprechen und informieren kann.
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