Ministerpräsident Michael Kretschmer hat dazu aufgerufen, sich Ausgrenzung, Hass und Antisemitismus entschieden und ganz konkret entgegenzustellen. Mit Blick auf die Reichspogromnacht und zahlreiche geplante Gedenkveranstaltungen auch im Freistaat Sachsen betonte der Regierungschef: „Der 9. November 1938 ist ein dramatisches Datum in der deutschen Geschichte. Wir halten inne und gedenken der Opfer.“

Für Kretschmer ist heute, 80 Jahre später, die entscheidende Frage: „Was können wir tun, damit so etwas nie wieder passiert? Es sind ethische, es sind moralische Fragen, die damit im Zusammenhang stehen. Wir sehen immer wieder, dass aus Gedanken Worte und aus Worten Taten werden. Wir Deutschen haben eine besondere Verantwortung. 6 Millionen Menschen sind im Holocaust unschuldig umgebracht worden. Alles hat begonnen mit einem Antisemitismus, dem wir auch heute entschieden begegnen: Aus der Mitte der Gesellschaft heraus – täglich und ganz konkret!“

Der Regierungschef mahnte: „Wir sind weder immun noch davor gefeit, dass antisemitisches Gedankengut erneut zu einem Zivilisationsbruch führen kann. Für uns gilt: Wir dürfen nicht zulassen, dass jüdische Mitbürger wieder in Angst leben oder angegriffen werden. Menschenfeinde im neuen Gewand von Rechtsextremisten, Linksextremisten oder Islamisten, die sich gegen jüdisches Leben in Deutschland wenden oder das Existenzrecht Israels bestreiten, müssen wir enttarnen. Nie wieder Auschwitz!“

Er fügte hinzu: „Wer angesichts der unfassbaren Verbrechen der Nationalsozialisten von der Notwendigkeit einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“ spricht und in Chemnitz im Schulterschluss mit verurteilten Kriminellen und Rechtsextremisten demonstriert, hat von dieser Verantwortung nichts verstanden. Gerade jetzt setzen wir uns aktiv für die Förderung und den Schutz jüdischen Lebens in Sachsen ein. Hier setze ich auf Bildung von klein auf, das starke bürgerschaftliche Engagement in unserem Land und, wenn nötig, auf das konsequente Handeln von Polizei und Justiz im Freistaat.“

Hintergrund

In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 waren auch in Sachsen die Synagogen in Brand gesetzt worden, Schlägertrupps der Nationalsozialisten zerstörten jüdische Geschäfte und Wohnhäuser und raubten diese aus. Viele jüdische Mitbürger wurden misshandelt, verhaftet, in Konzentrationslager verschleppt und getötet. Die Reichspogromnacht ist ein Wendepunkt – es ist der Übergang von der Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung zur systematischen Verfolgung durch die Nationalsozialisten.

In ganz Sachsen wird heute und morgen an vielen Orten an den Auftakt der offenen Judenverfolgung vor 80 Jahren erinnert und der Opfer der systematischen Judenverfolgung gedacht.

Ministerpräsident Kretschmer wird am heutigen Donnerstagabend an der Gedenkveranstaltung „Violinen der Hoffnung“ der Landeshauptstadt Dresden im Kulturpalast teilnehmen. Musiker der Dresdner Philharmonie werden dort auf Geigen spielen, die Opfern des Holocaust gehörten. Die Instrumente hat der israelische Geigenbauer Amnon Weinstein gesammelt und restauriert, der neben dem Ministerpräsidenten und dem Oberbürgermeister ebenfalls das Wort ergreifen wird.

Am morgigen Freitagvormittag (9.30 Uhr) wird Kretschmer bei der Gedenkveranstaltung der Stadt Leipzig (Gedenkstätte der ehemaligen Großen Gemeindesynagoge) zur Erinnerung an die Geschehnisse vor 80 Jahren eine Rede halten und anschließend einen Kranz niederlegen.

Am Mittag (12.00 Uhr) nimmt er an der Gedenkveranstaltung der Stadt Chemnitz teil an der Stele am Stephanplatz. Auch dort wird er einer der Redner sein und einen Kranz niederlegen.

Im Anschluss wird der Ministerpräsident an der Gedenkveranstaltung des Vogtlandkreises teilnehmen (13.00 Uhr) und gemeinsam mit dem Plauener Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer und Landrat Rolf Keil eine Gedenkstele einweihen. Mit der Stele soll im heutigen Landratsamt des Vogtlandkreises in Plauen, dem ehemaligen Kaufhaus Tietz, an das Schicksal der jüdischen Mitbürger erinnert werden.

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