Am Sonnabend, 24.11.2018 wurden im Steinhaus Bautzen die PreisträgerInnen des Jugendliteraturwettbewerbs „Arrive“ gekürt. Nominiert waren insgesamt acht Texte, die sich erzählend, reflektierend und auf poetische Weise mit dem Thema Ankommen beschäftigen.
Die Preisträgerinnen der mit 200 Euro dotierten Jurypreise sind Judith Katona (16 Jahre, Philipp-Melanchthon-Gymnasium Bautzen) für “Und selbst wenn es Warten ist…” sowie Anna Smolinski (14 Jahre, Schiller Gymnasium Bautzen) für ihre Erzählung „Brasilianischer Boden“.
Der Publikumspreis, der von der Firma Edding/Ledermann gestiftet wurde, ging an Annika M. Zimmermann, für ihr Gedicht „Du“. Die 16-Jährige lebt im Landkreis Bautzen.
Das Grußwort hielt Monika Lazar (MdB). Musikalisch wurde der Abend gestaltet von der Offbeat Cooperative (Ska Polka, Dresden).
„Mit diesem Projekt wollen wir einen empathischen Bogen schlagen von den Erfahrungen, die SchülerInnen zum Beispiel in einer neuen Klasse oder an einem neuen Wohnort sammeln, hin zu den Erfahrungen von Menschen, die gegenwärtig in unser Land kommen“, sagt Anna Kaleri von Lauter Leise, eine der Organisatorinnen des Projekts.
Im Vorfeld des Wettbewerbs fanden moderierte Lesungen an Schulen in Bautzen und Umgebung statt. Jüngere sächsische Autorinnen und Autoren lasen Texte zu Umbruchserfahrungen und kamen mit den Jugendlichen ins Gespräch. Zwei Schreibworkshops boten den Jugendlichen die Möglichkeit, das Handwerk des literarischen Schreibens zu lernen. Insgesamt nahmen am Literaturwettbewerb 20 Schülerinnen und Schüler teil.
Jurybegründung
Die Autorinnen der Texte „Und wenn es Warten ist … “ und „Brasilianischer Boden“ nähern sich auf sehr unterschiedliche Weise dem Thema „Ankommen“. Judith Katona beginnt auf der Ebene des Begriffs, der Sprache. Sie öffnet den Bedeutungsraum über eine assoziative Befragung, bewegt sich kunstvoll von allgemeinen Überlegungen zum Konkreten, zum Individuellen, zur Geschichte vom Fliehen und Ankommen des Großvaters, der zum Ende des Ersten Weltkriegs Ungarn verlassen muss; zur Geschichte des Vaters, der aus Siebenbürgen nach Deutschland kam; zur Geschichte der Tochter – der Erzählerin – die uns wiederum auf ganz eigene Weise an ihrem abendlichen In-Gedanken-sein teilhaben lässt.
Die Autorin lotet das Wettbewerbsthema auf elegante Weise nicht nur inhaltlich, sondern auch formal-sprachlich aus, sie lässt Abschweifungen zu, ohne den Faden zu verlieren, und wir erfahren, das Migration, Ankommen, Fremdheit, Integrieren und Sich-Integrieren keineswegs allein Themen der Gegenwart sind, sondern immer schon da waren, und jede Generation auf ihre eigene Weise geprägt haben und noch immer prägen.
Anna Smolinski nutzt das originäre Anliegen der Literatur und packt das Thema „Ankommen“ in eine Geschichte. Die Stärke von Geschichten liegt darin, dass sie eine Vielschichtigkeit erzeugen, allzu klare Bilder ins Wanken bringen und Widersprüche zeigen können, statt sie zu negieren. So darf in Anna Smolinskis Geschichte „Brasilianischer Boden“ der vermeintliche nutzlose, rauchende und zu viel trinkende Stiefvater auch unsicher sein und vielleicht sogar eine fürsorgliche Seite haben.
So mischen sich bei der Ankunft in der Traumstadt Erschöpfung und Unsicherheit in die freudige Aufregung. So kann ein Gefühl von Unbeschwertheit durch den verstohlenen Blick der anderen in ein Gefühl der Unerwünschtheit kippen. Anna Smolinski schafft es, die Spannung ihrer Erzählung bis zum letzten Absatz zu halten, ihre Figuren, die Beziehungen zueinander, die Hintergründe und Situationen plastisch und detailreich zu zeigen – zum Teil mit einem einzigen Begriff oder einem Dialogfetzen – und den Leser einzuladen, die emotionale Achterbahnfahrt der Ich-Erzählerin mitzuerleben und mitzufühlen.
In der Jury wirkten mit: Uli Schönbach (Sächsische Zeitung), Gabriele Bürger (ehemalige Leiterin der Kinder- und Jugendbibliothek Bautzen), Sabine Kempel (Leiterin Stadtbibliothek Bautzen) sowie die AutorInnen Anna Kaleri, Tina Pruschmann und Thomas Podhostnik.
Mehr: http://www.lauter-leise.de/arrive.html
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