Der NABU Deutschland und sein bayerischer Partner LBV, Landesbund für Vogelschutz, haben die Feldlerche (Alauda arvensis) zum „Vogel des Jahres 2019“ gewählt. An die Auswahl knüpfen die Verbände die Forderung nach einer grundlegenden Änderung der europäischen Agrarpolitik.

Auf den Star, „Vogel des Jahres 2018“, folgt ein weiterer Vogel der Agrarlandschaft. Damit küren der NABU und der LBV die Feldlerche zum zweiten Mal zum „Vogel des Jahres“ nach 1998.

„Diese Ehre wurde bisher nur wenigen Vögeln zuteil. Trotz aller Anstrengungen war die erste Wahl zum Vogel des Jahres leider nicht genug, um die Art zu retten. Denn der alarmierende Rückgang bei den Beständen dieses ehemaligen Allerweltsvogels setzte sich fort“, sagt Heinz Kowalski, NABU-Präsidiumsmitglied.

Situation in Sachsen

Auch in Sachsen begann der Rückgang der Feldlerche bereits im 19. Jahrhundert mit der Aufgabe der klassischen Dreifelderwirtschaft, erreichte zu DDR-Zeiten während der Flurneuordnung in den 60er und 70er Jahren einen neuen Höhepunkt und setzt sich vor allem seit den 90er Jahren fort. Im Zeitraum 2004 bis 2007 wurden in Sachsen 80.000 bis 160.000 Brutpaare erfasst – Werte, die seit 1995 einem Rückgang um 40 Prozent entsprechen.

Dem Atlas „Brutvögel in Sachsen“ zufolge ist die Feldlerche auf Rodungsinseln wie dem Tharandter Wald oder in Chemnitztal nicht mehr zu finden; am häufigsten dagegen in der Elbaue bei Torgau, im mittelsächsischen Lößhügelland bei Döbeln und im Osterzgebirge bei Fürstenau. Inzwischen deutlich seltener, aber noch regelmäßig anzutreffen ist sie zum Beispiel auf den Elbwiesen nordwestlich und südöstlich von Dresden wie in Radebeul-Serkowitz und in der Feldflur bei Seegeritz nahe Leipzig.

Dort habe laut Bernd Hoffmann vom NABU Partheland die vom BMW-Werk geschaffene ökologische Ausgleichsfläche im Gegensatz zum vorherigen bewirtschafteten Rapsacker die Lage der Feldlerche sogar verbessert: „Auf dem dichten Rapsfeld hatte sie davor keine Chance zum Brüten, weil sie flache, wenig bearbeitete Stellen benötigt.“ In Sachsen ist die noch recht häufige Feldlerche in die Vorwarnliste eingeordnet, bundesweit steht der Brutvogel auf der Roten Liste.

„Es ist unsere Landwirtschaft, die die Feldlerche zu einer gefährdeten Art macht“, erklärt Andreas Winkler vom NABU Erzgebirgsvorland. „Was wir auf den Feldern sehen, ist eine Katastrophe: Monokulturen, Pestizide, Fruchtfolgenarmut entziehen vielen Lebewesen die Lebensgrundlage. Kleine heilpraktische Maßnahmen wie Lerchenfenster helfen nicht, wir brauchen eine grundlegende Revolution in der Landwirtschaft“, appelliert Winkler.

Wo auf riesigen Flächen nur noch undurchdringbares Wintergetreide, Raps oder Mais wachsen, fallen die überlebenswichtigen zweiten und dritten Bruten aus. Wenn die Lerchen deswegen auf die vegetationsfreien Fahrspuren im Feld ausweichen, werden sie häufig Opfer von Nesträubern oder von Maschinen überrollt. Zudem fehlt heute meist die Auflockerung der Landschaft durch Brachen, Sommergetreide oder extensiv genutztes Grünland, wo die Vögel auch im späten Frühjahr noch brüten könnten.

Die Feldlerche steht als Jahresvogel auch stellvertretend für andere Feldvögel wie Kiebitz und Rebhuhn, denen es zum Teil noch schlechter geht. Denn mit zwischen 1,3 und 2 Millionen Revieren gehört die Feldlerche immer noch zu den häufigen Vögeln Deutschlands. Allerdings befinden sich ihre Bestände in einem deutlichen Sinkflug. Die immer intensivere Landwirtschaft ist zum Hauptgrund für das Artensterben in Europa geworden.

NABU und LBV fordern deshalb für die derzeit laufenden Verhandlungen über die künftige EU-Agrarpolitik ein radikales Umsteuern. Derzeit fließen jährlich 58 Milliarden Euro Agrarsubventionen überwiegend als pauschale Flächenprämien an Landwirte. Das sind 114 Euro pro EU-Bürger. Diese Gelder müssen künftig statt in Massenproduktion gezielt für eine naturverträgliche Landwirtschaft investiert werden, um Arten wie die Feldlerche zu retten.

Bisher hat sich jedoch die Bundesregierung am Verhandlungstisch in Brüssel nicht klar dazu bekannt. Die Feldlerche – und mit ihr unsere ländlichen Lebensräume mit ihrer ganzen Artenvielfalt – haben nur eine Chance, wenn auf EU-Ebene die Weichen der Agrarpolitik richtig gestellt werden.

Die Feldlerche

Die Nahrung der Feldlerche ist abhängig von den Jahreszeiten. In den kalten Monaten begnügt sie sich mit Pflanzenteilen und Sämereien. Im Frühling kommen Insekten, Regenwürmer oder andere Kleintiere dazu, die besonders für den Feldlerchen-Nachwuchs ein wichtiges Kraftfutter sind. Mit nur 16 bis 18 Zentimetern Körperlänge und der beige bis rötlich-braunen Gefiederfärbung an der Oberseite ist sie im Stoppelfeld gut getarnt. Ihr einziger Schmuck besteht aus feinen, schwarzbraunen Längsstreifen und Strichen am Oberkopf und einer kleine Federhaube.

Unsere Ohren nehmen Feldlerchen eher wahr als die Augen. Die Männchen singen meist im Flug aus einer Höhe von 50 bis 200 Metern, wo sie mit bloßem Auge kaum mehr zu erkennen sind. Ihr scheinbar endlos tirilierender Gesang bildet die traditionelle Klangkulisse unserer Agrarlandschaft. War es früher oft unmöglich, aus diesem Geräuschteppich einen einzelnen Vogel herauszuhören, ist es heute eine Freude, überhaupt eine Lerche zu hören. In manchen Gegenden ist der Himmel über den Feldern sogar bereits stumm.

Infos zur Mitmach-Aktion „Meine 114 Euro“ unter: www.NeueAgrarpolitik.eu

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