Der Sozialverband VdK Sachsen tritt dem bundesweiten Bündnis gegen Wucher bei. Wie VdK-Landesgeschäftsführer Ralph Beckert mitteilte, nimmt der Sozialverband VdK Sachsen den morgigen internationalen Tag der Beseitigung von Armut zum Anlass, um Armut entgegenzuwirken.
Und das zusammen mit den starken Partnern des Bündnisses, darunter die Verbraucherzentrale Sachsen. “Viele unserer Mitglieder müssen mit sehr wenig Geld über die Runden kommen. In einer Kreditaufnahme sehen Betroffene oft eine letzte Hilfe. Damit laufen sie jedoch leider Gefahr, ihre Situation weiter zu verschlechtern und in Armut abzurutschen.“
Restschuldversicherungen, Umschuldungen und Kettenkredite: Das Geschäft mit der Armut
Kredite gelten oft als Allheilmittel, um schwierige finanzielle Situationen überbrücken. Das gelingt in der Praxis jedoch selten, so Finanzexpertin Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen: „Vielmehr wird über die Kreditaufnahme ein langjähriges Abhängigkeitsverhältnis geschaffen, aus dem ein Entkommen in nicht wenigen Fällen nur über die Verbraucherinsolvenz gelingt.“
Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Verbraucherdarlehen im Allgemeinen mit viel zu teuren und oft unnützen Restschuldversicherungen verkauft werden. Häufige Umschuldungen folgen dann schnell. Seit Jahren wird diese Situation bei Ratenkrediten beobachtet. Neu ist, dass nun auch schon bei Eröffnung eines Girokontos mit Dispo Ratenschutzversicherungen verkauft werden.
Unnötiger Versicherungsschutz von mehr als 20.000 Euro
„Als wir jüngst von folgendem Fall hörten, war klar, dass wir uns dem Bündnis anschließen wollen“ begründet Beckert die Entscheidung des VdK. Ein älteres Ehepaar suchte die Schuldnerberatung der Verbraucherzentrale Sachsen auf. Das monatliche Nettoeinkommen der Frau lag bei nur 1000 Euro, das des Mannes bei 1500 Euro. Trotz des geringen Einkommens erhielten sie im Rahmen einer dritten Umschuldung einen Nettokredit über 40.100 Euro.
Laut dem Kreditvertrag wurde dem Paar dabei zusätzlich unnötiger Versicherungsschutz für 22.328 Euro verkauft. Der musste ebenfalls über den Kredit finanziert werden. „Die monatliche Kreditrate betrug 1.054 Euro und war offensichtlich nicht tragbar“, so Andrea Heyer, die die Kreditwürdigkeitsprüfung der Bank in Frage stellt.
Die hohen Kosten für die Restschuldversicherung, die den Kredit absichern soll, wurden nicht in den Effektivzins einberechnet. Dieser wurde mit 10,95 Prozent pro Jahr angegeben. „Das ist teuer, aber rechtlich nicht angreifbar“, so Heyer weiter. „Werden die Versicherungskosten jedoch voll in den Effektivzins einbezogen, beträgt dieser 33,84 Prozent. Dann darf von Wucher gesprochen werden.“
Erste Aktion am 01. November in Chemnitz
„Zum Auftakt werden wir gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Sachsen am Nachmittag des 01.11.2018 mit einem Stand vor dem Chemnitzer Hauptbahnhof für das Thema sensibilisieren“, so Beckert weiter.
Das Bündnis gegen Wucher wurde zu Beginn des Jahres von der Verbraucherzentrale Sachsen zusammen mit dem Institut für Finanzdienstleistungen (IFF), Rechtsanwalt Prof. Dr. Udo Reifner und der Verbraucherzentrale Hamburg gegründet. Mittlerweile sind zum Beispiel auch der DGB Sachsen und die Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung Sachsen dem bundesweiten Bündnis beigetreten.
Ziel ist es, in einem ersten Schritt immer wieder auf derartige Wucherkredite aufmerksam zu machen, dadurch eine gesetzliche Änderung zu bewirken, damit solche Geschäfte künftig so behandelt werden, wie erforderlich: als sittenwidrig und nichtig.
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