Für die Verleihung des 14. Leipziger Bewegungskunstpreises wurden Larsen Sechert mit „Django – ein Cartoon-Western“, Overhead Project mit „Sourround“ und James & Priscilla mit „Unser großes Album elektrischer Tage“ nominiert.
Aus insgesamt 21 Einreichungen hat die Fachjury bestehend aus den fünf Leipziger Kulturexperten, Maria Koch, Franziska Reif, Diana Wesser, Steffen Georgi und Lars Krüger die Besten der Saison 2017/2018 benannt. Die drei Anwärter werden am 1. + 2. Februar 2019 beim 6. Bewegungskunst-Festival live zu sehen sein, an dessen Ende der Sieger gekürt wird.
Larsen Sechert mit “Django – ein Cartoon-Western”
Westernheld Django kehrt in seine Heimatstadt zurück. Er will sich rächen. An wem weiß er noch nicht. Da sich aber jeder gute Westernheld irgendwie rächen muss, wird auch Django sich rächen. Dieser Cartoon-Western wird im Stile der Geräuschpantomime wesentliche Szenen aus Sergio Corbuccis gleichnamigen Film aus dem Jahre 1966 enthalten. Dieser Film löste eine Welle von Django-Filmen aus. Diese Soloshow rast mit wilden Schießereien und absurd-grotesken Faustduellen von einem zum anderen Spektakel.
Jurybegründung: Larsen Sechert kann es – und dafür braucht er nur ein paar Hüte und Kartons. Mit präziser und energiegeladener Körperarbeit bringt er nicht nur die Figuren des „ruthless violent film“ und Italowestern-Klassikers von 1966 auf Trab, sondern vor allem die Phantasie des Publikums. Rasend schnell wechselt er zwischen verschiedenen Saloongestalten, berittenen Bösewichten, zwischen Sarg, Huhn, Treibsand, Kugelhageln, Djangos Liebschaft und einer unvergesslichen Schwingtür hin und her. Secherts Solo steckt an und beeindruckt. Durch das hohe technische Geschick, das das Spiel mit dem Unsichtbaren erfordert – und umso größeres sinnliches Vergnügen macht.
Larsen Sechert, Studium in Leipzig, Schauspielausbildung in Konstanz, 2003 Gründung Knalltheater, seitdem deutschlandweit als Clown und Mime unterwegs, Beteiligungen an Projekten mit Krystallpalast Varieté, Theater Titanick, Theaterturbine u.a.
Spiel: Larsen Sechert | DJ am Pult: Andreas Vent-Schmidt | Mithilfe bei den Proben: Martin Kiefer (Zirkusmanufaktur) und Matthias Marquitz (CamüVelü)
Overhead Project mit „Sourround“
Ein Stück über das Verhältnis des Menschen zur Herde, ein Performance-Parcours zwischen führen und führen lassen: Alles dreht sich. Die Sorgen um die globalen politischen Veränderungen schlagen um sich. Bei so viel Rechts-Verliebtheit scheint doch vor allem eines auf dem Spiel zu stehen: die Demokratie. Als würden Freiheit und Gleichheit wieder zur Utopie. Unser System ist in der Krise oder zumindest auf sehr genauem Prüfstand, und die Autoritären nutzen die Gunst der Stunde. Es ist vor allem der Sehnsuchtsschmerz nach der Macht, der einen mitreißenden Strudel verursacht. Und die wichtigste Frage ist: Bist du drin oder draußen? Im Vormarsch der Mächtigen muss nun jeder seinen Platz finden – im Herdentritt, am Rand oder doch mit den Zügeln in der Hand.
Jurybegründung: Alle versuchen, sich dem Pauschenpferd gegenüber zu positionieren, das als Pendel durch den Raum schwingt. Der Kopf weiß: Die Gesetze der Physik lassen sich nicht außer Kraft setzen. Der Bauch ahnt: Es gibt keine Sicherheit. Das fasziniert, macht Angst, erfordert Mut. Die zwei Akrobaten und zwei Tänzerinnen von Overhead Project entwickeln in dieser außergewöhnlichen Raumsituation ebenso außergewöhnliche tänzerische Muster, bewegen sich um die Mitte, formen das Publikum und liefern es den unheimlichen Kräften aus.
Overhead Project ist das Akrobaten- und Choreografenduo Tim Behren und Florian Patschovsky, das seit 2008 an der Grenze von Zeitgenössischem Zirkus, Tanz und Performance arbeitet. Wo Provokation auf Vertrauen, Zusammenhalt auf Abstoßung und Höhe auf Fallen trifft, zerlegen ihre Choreografien das, was zwischen zwei Körpern, was zwischen zwei Menschen liegt.
Eine Produktion von Overhead Project in Koproduktion mit LOFFT – DAS THEATER | Konzept: Tim Behren | Leitung + Kreation: Tim Behren, Florian Patschovsky | Kreation + Performance: Mijin Kim, Susanne Schneider | Produktionsleitung: Theresa Hupp, Jari Ortwig | Dramaturgische und Philosophische Beratung: Eric Eggert | Musikalische Komposition + Musikdramaturgie: Simon Bauer | Lichtkreation: Charlotte Ducousso | Kostüme: Sabine Schneider | Technische Begleitung + Rigging: Anders Jensen, Garlef Keßler | Produktionsleitung: Theresa Hupp | Management + PÖ mechtild tellmann kulturmanagement
James & Priscilla mit „Unser großes Album elektrischer Tage“
Eine Gruppe von Kindern wird von ihrer Mutter verlassen. Statt ihren widersprüchlichen Erinnerungen nachzuhängen, entschließen sie sich ihr Haus zu verlassen und sie zu suchen. Dabei stoßen sie an die Grenzen dessen, wer diese Frau überhaupt ist. Sie fragen sich, ob es so etwas wie feste Identitäten gibt und warum alle in ihren Rollen gefangen sind – sei es Mutter, Kind oder irgendetwas anderes. James & Priscilla verschneidet den schillernden Text von Johanna Maxl mit Popsongs der letzten Jahre und erzählt so Geschichten aus der Sicht der Kinder (She was so good at being in trouble – Unknown Mortal Orchestra) und der Mutter (All you want is Nikes – Frank Ocean). Mit ihrer Form des minimalistischen Konzert-Theaters erschafft die Gruppe auf der Bühne ein Album voller Sehnsucht und den großen Versprechen von Pop-Musik: Emanzipation und Verbundenheit.
Jurybegründung: Memories are made of this: “Unser großes Album elektrischer Tage” ist Low Budget Pop Oper über den Traumstoff der Kindheit und der Erinnerungen. Ein minimalistsiches Musik-Theater der Hildesheimer Performancegruppe James & Priscilla, basierend auf dem Roman der Leipziger Autorin Johanna Maxl. Eine Bühnenphantasie in Lakonie und auf leuchtenden Schuhen.
James & Priscilla wurde 2009 von Studierenden der Kulturwissenschaften und ästhetischen Praxis in Hildesheim gegründet. Die Gruppe arrangiert Texte und Musik aus Popsongs als Theaterinszenierungen. Das Ergebnis kann Pop-Oper genannt werden, minimalistisches Bildertheater oder abstraktes Live-Hörspiel. Durch den gezielten Einsatz von Gestik, Mimik und Andeutungen von Tanz ersetzen sie die große Geste und erschaffen eine zeitgenössische Form von Pathos.
Eine Theaterproduktion von James & Priscilla in Kooperation mit den Cammerspielen Leipzig | VON UND MIT Clara Minckwitz, Felix Scheer, Nicolas Schneider, Aishe Spalthoff, Jasper Tibbe | TEXT UND DRAMATURGISCHE UNTERSTÜTZUNG Johanna Maxl | ASSISTENZ Miriam Bähr | PRODUKTIONSLEITUNG Zwei Eulen – Büro für Kulturkonzepte
Das Festival rund um den Bewegungskunstpreis ist Schaufenster der besten freien Produktionen der Stadt, Szene- und Branchentreff sowie Höhepunkt und Abschluss der Theatersaison der freien darstellenden Künste Leipzigs.B
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