In Weiterführung der inszenatorischen Doppelbefragungen der vergangenen Spielzeiten, widmet sich Enrico Lübbe in seiner Faust-Inszenierung den beiden Teilen des Goetheschen Dramas auf je spezifische Weise.
„Faust I“ findet als klassische Theaterinszenierung auf der Großen Bühne statt und setzt die Leipziger Arbeit mit Chören fort. In der Rolle des Faust ist Wenzel Banneyer zu sehen, Julia Preuß spielt die Margarethe.
Für den „Faust II“ splittet sich der Theaterabend auf in drei parallele Themen-Touren hinein in die Stadt Leipzig. Aufgegriffen werden Themen aus dem Faust II, die bis in die jüngste Gegenwart relevant sind: „Die Erfindung des Reichtums“; „Schöpfungsträume“ sowie „Die Umsiedler“.
Den Schluss des „Faust II“ erleben alle Zuschauer wieder gemeinsam im Schauspielhaus.
Premiere: Faust
von Johann Wolfgang Goethe
am 29. September 2018 um 18 Uhr
Regie: Enrico Lübbe
Ort: Große Bühne, Stadtraum
Dauer: ca. 6 Stunden (inkl. zwei Pausen)
Ablauf:
18-19.50 Uhr: Faust I (Große Bühne)
Pause bis ca. 20.30 Uhr
20.35 -21.05 Uhr: Faust II // Goethes „Apartes Kistchen“. Ein Zwischenspiel (Große Bühne)
Ab 21.10 Uhr bis 23 Uhr: Thementouren Faust II (Leipziger Stadtraum)
23.10-23.55 Uhr: Faust II letzter Teil (Große Bühne)
Informationen zum Ablauf der Thementouren:
Pro Aufführung kann an je einer Tour des „Faust II“ teilgenommen werden. Hinweis: Die Tour 1 ist fußläufig zu erreichen. Für die Touren 2 und 3 ist ein Shuttlebus eingerichtet.
Tour 1 „Die Erfindung des Reichtums“ (Alte Handelsbörse & Festsaal des Alten Rathauses)
Mittels eines Audioplayers werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Tour fußläufig durch die Innenstadt navigiert. Ein Stück Leipziger Stadtgeschichte wird unterwegs hör- und erfahrbar gemacht – als Geldgeschichte und als Geschichte des ‚Werte‘-Wandels. In der Alten Handelsbörse findet unter anderem ein Gespräch statt, in dem sich zwei Leipziger Expertinnen und Experten aus speziellen Fach- und Themengebieten begegnen.
Experten zur Premiere am 29.09. sind: Burkhard Jung (Oberbürgermeister der Stadt Leipzig) und Prof. Dr. Markus A. Denzel (Historisches Seminar, Lehrstuhl für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Leipzig)
Tour 2 „Schöpfungsträume“ (Alter Hörsaal der Anatomie)
In „Faust II“ möchte Wagner, Fausts ehemaliger Famulus, neues Leben kreieren und erschafft in einer Phiole den Homunkulus (lat. ‚Menschlein‘). Dieses Wesen verfügt zwar über einen herausragenden Geist, doch es fehlt ihm ein Körper zur vollkommenen Menschwerdung. Künstliches Leben ist heute nicht mehr nur literarische Fantasie: Der Wagner des 21. Jahrhunderts arbeitet als Neurobiologe, Informatiker oder Mediziner. Er entschlüsselt die menschliche DNA, programmiert Roboter oder forscht an künstlicher Intelligenz — jeweils mit dem Ziel, den Menschen zu optimieren.
Die Thementour Schöpfungsträume führt in die Anatomie der Universität Leipzig und folgt dort den Spuren des modernen Wagner’schen Strebens. Cyborgs, Roboter und virtuelle Welten werden auf dieser Tour zwischen Medizin und Cyberspace real.
Tour 3 „Die Umsiedler“ (Völkerschlachtdenkmal)
Im 5. Akt des Faust II blickt Faust von seinem Palast hinab auf eine Landschaft, die sein größtes Werk sein soll: Mithilfe dämonischer Energie und modernster Technik hat er einen wilden Küstenstreifen zu einer wohnlichen und aufgeräumten Kulturlandschaft umgearbeitet. Nur eine kleine morsche Hütte mit Kapelle stört das Bild. Hier leben Philemon und Baucis, die sich beharrlich der Umsiedlung widersetzen. Was folgt, ist Gewalt und Zerstörung.
Diese Szene, geschrieben 1831, scheint wie das Urbild des Schicksals von rund 23.000 Menschen im Leipziger Südraum. Die extensive Ausbeutung der regionalen Braunkohlevorkommen hat über fast 100 Jahre hinweg die Landschaft nachhaltig zerstört, zahlreiche Ortschaften fielen den Schaufelradbaggern und Förderbrücken zum Opfer.
Heute geht der Blick vom Völkerschlachtdenkmal über eine vielbesuchte Seenlandschaft, die der wachsenden Metropole Leipzig als Naherholungsgebiet dient. Doch gleichzeitig verbergen sich unter der Wasseroberfläche Geschichten von Heimatverlust und Zwangsumsiedlung. Performance: Dirk Lange.
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