Werner Heisenberg gehört zu den herausragenden Physikern des 20. Jahrhunderts. Er revolutionierte durch die Entdeckung der Quantenmechanik auch die Gesetze der klassischen Physik. Sein Nachlass ist als einer der bedeutendsten Archivbestände zur Wissenschaftsgeschichte dieser Epoche zu bezeichnen.
Heisenbergs Werk als Physiker beeinflusste auch die Mathematik und andere Naturwissenschaften sowie die Philosophie. Die Nachlässe von Albert Einstein, Niels Bohr und Wolfgang Pauli sind bereits sehr gut erschlossen und digital zugänglich. Bei Heisenberg ist das bisher noch nicht der Fall. In dem jetzt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligten, dreijährigen Projekt der Universität Leipzig, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und der Universitätsbibliothek Leipzig (UBL) wird der Nachlass Heisenbergs in einer Einzelblatterschließung zu einem Großteil datenbankgestützt erfasst und online präsentiert.
Die Papiere geben unter anderem Aufschluss über das Wirken Heisenbergs in Leipzig von 1927 bis 1942. In dieser Phase erhielt Heisenberg den Nobelpreis für Physik (1932). Die Universität Leipzig war zu seiner Zeit ein weltweit führendes Zentrum der modernen Physik. Die Nobelpreisträger Felix Bloch, Robert S. Milliken, Isidor Rabi, Lev Landau und John H. van Vleck hielten sich in Leipzig auf. Ein weiterer Teil gewährt Einblicke in Heisenbergs einflussreiches wissenschaftspolitisches Wirken in der Nachkriegszeit.
Der Nachlass des namhaften Physikers umfasst ungefähr 340.000 Seiten in rund 70.000 Einzeldokumenten. Die Erben Heisenbergs übergaben ihn 2012 nach einem Akquirierungsverfahren als Schenkung an die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. Im Archiv der MPG wurde der Bestand mit Unterstützung der Heisenberg-Gesellschaft e. V. konservatorisch bearbeitet und verzeichnet. „Mit der Expertise der Universitätsbibliothek Leipzig erfolgt nun eine Einzelblattverzeichnung der bedeutendsten Teile des Bestands. Im Nachlass ist vor allem der wissenschaftliche Teil interessant, darunter Heisenbergs Briefwechsel mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Manuskripte für Lehrveranstaltungen und Vorträge sowie Unterlagen zu Tagungen“, sagt UBL-Direktor Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider.
Zur Umsetzung des Projekts haben sich die Max-Planck-Gesellschaft, die Universität Leipzig und die Universitätsbibliothek Leipzig gemeinsam entschlossen. Die Max-Planck-Gesellschaft übernimmt die Digitalisierung des gesamten Nachlasses. Im Archiv der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin werden rund 330 wissenschaftliche Vor- und Nachlässe sowie weitere Aktenbestände aus der Zeit ab 1911 bis in die Gegenwart aufbewahrt und für die Forschung zugänglich gemacht. Einige dieser Bestände haben zahlreiche Bezüge zu Werner Heisenbergs Wirken und seiner Person.
Fachlich betreut wird die Erschließung von Prof. Dr. Jürgen Haase vom Felix-Bloch-Institut für Festkörperphysik an der Fakultät für Physik und Geowissenschaften der Universität Leipzig. Die bibliothekarischen Leistungen bei Erschließung und Internetpräsentation der veröffentlichungsfähigen, das heißt aus rechtlichen Gründen bereits uneingeschränkt zugänglichen Digitalisate obliegen der Universitätsbibliothek Leipzig. Sie hat in den vergangenen Jahren bereits mehrere Nachlässe erschlossen und digitalisiert, unter anderem jene des Zeitungswissenschaftlers Karl Bücher sowie des Psychologen und Philosophen Wilhelm Wundt.
Keine Kommentare bisher