Wenn ein geliebter Mensch stirbt, gerät die Welt der Hinterbliebenen aus den Fugen. Akute Trauer ist die natürliche Reaktion auf einen solchen Verlust. Doch einige Menschen können diesen nicht verarbeiten und entwickeln eine sogenannte „anhaltende Trauerstörung“. Für Betroffene bietet die Universität Leipzig nun im Rahmen eines neuen Forschungsprojekts professionelle Unterstützung und eine mehrwöchige Therapie an.
Obwohl jeder seine Trauer ganz individuell erlebt, ähneln sich die Reaktionen auf einen Verlust bei den meisten Menschen – auch hinsichtlich Verlauf und Dauer. Nach einer gewissen Zeit fällt es den meisten Betroffenen wieder leichter, sich den Aufgaben des Alltags zu widmen, die Trauer lässt langsam nach. Trauer ist somit ein zwar schmerzlicher, aber auch natürlicher Prozess, der oftmals keiner professionellen Hilfe bedarf.
„Einige Menschen können den Verlust jedoch auch nach längerer Zeit nicht verarbeiten und entwickeln eine anhaltende Trauerstörung“, erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Anette Kersting, Professorin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. In diesem Fall bestimmen psychische und körperliche Symptome den Alltag, Betroffene berichten von intensiver Einsamkeit und Sehnsucht nach der verstorbenen Person und haben allgemein große Schwierigkeiten, den Tod zu akzeptieren.
Einige verspüren Schuldgefühle, Verbitterung oder machen sich Vorwürfe. Andere meiden Anlässe für eine Erinnerung oder lassen zum Beispiel das Zimmer des Verstorbenen über Jahre hinweg unverändert. „Es fällt ihnen schwer, mit alltäglichen Aufgaben und Aktivitäten fortzufahren“, so Kersting.
In diesem Fall bedarf es einer professionellen Unterstützung. Die anhaltende Trauerstörung ist als eigenständige Erkrankung anerkannt und wird auch in die entsprechenden Diagnosesysteme aufgenommen. Betroffene können derzeit an einer bundesweiten Studie teilnehmen, bei der speziell auf anhaltende Trauer ausgerichtete Formen der Psychotherapie angewendet werden.
Das Forschungsprojekt dazu heißt „PROGRID“ (Prolonged Grief Disorder) und wird an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Leipzig durchgeführt. Gefördert wird die Studie mit rund einer Million Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Beteiligt sind neben dem Universitätsklinikum Leipzig die Goethe-Universität Frankfurt am Main, die Philipps-Universität Marburg und die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt.
Im Rahmen des Forschungsprojektes werden aktuell Personen zwischen 18 und 75 Jahren gesucht, die durch den Verlust einer nahestehenden Person seit mindestens sechs Monaten unter Beschwerden wie intensive Sehnsucht, Einsamkeit und Beeinträchtigungen im Alltag leiden und an einer Psychotherapie interessiert sind. Im Projekt werden zwei anerkannte Verfahren im Bereich der Behandlung der anhaltenden Trauerstörung angewandt. Beide Verfahren werden ambulant von speziell geschulten Therapeuten im Rahmen von wöchentlich stattfindenden Therapiesitzungen durchgeführt. Neben einer ausführlichen Diagnostik zu Beginn werden auch die Therapie und deren Erfolg im Verlauf wissenschaftlich begleitet. Mit dem Projekt soll die Effektivität der Therapien und die Stabilität der Effekte untersucht werden.
Kontakt für Betroffene:
M. Sc.-Psych. Julia Treml
Universitätsklinikum Leipzig
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Semmelweißstr. 10, Haus 13
04103 Leipzig
E-Mail: trauer-therapie(at)medizin.uni-leipzig.de
Telefon: 0341 97 20948
Telefonsprechzeiten: Dienstag 9:00-11:00 Uhr und Donnerstag 16:00-18:00 Uhr.
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