Die Belegschaften der Neue Halberg Guss in Leipzig und Saarbrücken sind entschlossen: Sie werden um ihre Arbeitsplätze kämpfen. Zwischen dem Autobauer Volkswagen und einem seiner größten Zulieferer, der PreventGruppe, gehen jeden Tag Millionen Euro über den Tisch, um Vertragsstreitigkeiten zu regeln.
Doch bei denjenigen, die diese Werte täglich erwirtschaften, kommt davon nichts an. Die Kolleginnen und Kollegen sehen, wie ihre Arbeitsplätze in Gefahr sind. Damit ist nun Schluss. Die Metallerinnen und Metaller wählten am Dienstagabend in beiden Halberg-Standorten Tarifkommissionen und beschlossen Forderungen für einen Sozialtarifvertrag. Denn sie sind es, die ihre Arbeitskraft, ihre Lebenszeit und auch ihre Gesundheit täglich in den Gießereien zu Markte tragen. Und ab jetzt sind auch sie es, die entscheiden, wann es genug ist.
„Wir können nicht länger einfach nur Zuschauen wie sich die Prevent-Gruppe und VW Bälle zuspielen – oder auch nicht. Die Belegschaft mit ihren Familien verdienen eine Planbarkeit ihres Lebens und eine Perspektive. Wir haben lange genug auf Zeichen und Reaktionen gewartet!“ sagte Thomas Jürs, Betriebsratsvorsitzender bei Neue Halberg Guss in Leipzig und frisch gewähltes Tarifkommissionsmitglied.
„Die Auseinandersetzung zwischen Volkswagen und der Prevent-Gruppe zeigt die ganze Perversion des kapitalistischen Wirtschaftssystems“, sagte Bernd Kruppa, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig. „In dieser Auseinandersetzung kommen die Beschäftigten schlicht nicht vor. Doch damit ist es nun vorbei. Ab jetzt bestimmen die Beschäftigten und die IG Metall die Regeln und entscheiden, zu welchen Bedingungen ihre Arbeitskraft weiter zur Verfügung steht.“
„Mit unserem Forderungsbeschluss bekommt der Arbeitgeber Angebote für Verhandlungstermine. Wenn er diese nicht annimmt oder wir die Einschätzung haben, dass dort kein Verhandlungswille vorhanden ist, dann macht die IG Metall das, was Gewerkschaften als Druckmittel zur Verfügung haben“, so Kruppa weiter.
„Wir haben ein Forderungspaket beschlossen, mit dem wir der Prevent-Gruppe jegliche Aktivitäten, die zu Lasten der Beschäftigungsverhältnisse bei Halberg gehen, richtig teuer werden lassen“, sagte Kruppa weiter. „Wir fordern unter anderem eine Qualifizierungsgesellschaft sowie einen arbeitgeberfinanzierten Treuhandfonds, aus dem beispielsweise Abfindungen oder Maßnahmen zur Vermittlung in neue Jobs bezahlt werden, sollten Arbeitsplätze verloren gehen. Als nächsten Schritt werden wir dem Arbeitgeber unser Forderungspaket mit dem Vorschlag für Verhandlungstermine am 7. Juni zukommen lassen.“
Die Beschäftigten wissen, dass sie sich mit industriellen Schwergewichten anlegen, aber sie wissen auch: Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Dass es Prevent nicht um das Wohl der Beschäftigten in ihren Tochterunternehmen geht, haben die Auseinandersetzungen beispielsweise bei ES Guss gezeigt. Die Unternehmen streiten sich vor Gericht, hunderte Beschäftigte verlieren ihre Jobs. Der Hintergrund war der gleiche: Erbitterter Streit zwischen VW und Prevent, auf der Strecke geblieben sind diejenigen, die jeden Tag zur Arbeit erscheinen.
Doch im Kampf zwischen Goliath und Goliath erheben jetzt die Beschäftigten und die IG Metall die Stimme: „Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche.“ Ein Streik ist immer das letzte Mittel, aber wenn er nötig ist, wird er durchgeführt. Und nötig wird er in dem Moment, in dem der Arbeitgeber weiterhin seinen Unwillen demonstriert, seinen Beschäftigten eine Perspektive zu geben und ehrlich und ergebnisoffen zu verhandeln.
Die Stimmung auf den Mitgliederversammlungen in Saarbrücken und Leipzig am Dienstag war kämpferisch. Die Metallerinnen und Metaller werden nicht länger unbedeutendes Beiwerk einer Auseinandersetzung zwischen zwei Konzernen sein. Sie erwirtschaften den Profit, darum machen sie auch die Regeln, unter welchen Bedingungen.
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