Während der Festivaleröffnung vergangenen Jahres hatte Festivalleiterin Leena Pasanen die Einführung einer Quote für Regisseurinnen im Deutschen Wettbewerb langer Dokumentar- und Animationsfilm angekündigt. Die Gestaltung der Quote wurde nun von Leena Pasanen und Programmer Ralph Eue festgelegt. Zunächst angesetzt für einen Zeitraum von zwei Jahren, wird sich die Quote am Einreichverhältnis von Regisseurinnen und Regisseuren orientieren, deren Filme für den Deutschen Wettbewerb Langfilm in Betracht gezogen werden.
In den vergangenen Jahren kamen rund 40 Prozent jener Filme von Frauen, rund 60 Prozent von Männern. „Daher setzen wir die Quote bei 40/60 an, verbunden mit dem Wunsch und Anspruch, ein vollkommen ausgeglichenes Verhältnis von Frauen und Männern im Deutschen Wettbewerb Langfilm sowie im gesamten Filmprogramm zu haben“, so Pasanen.
Den Anlass für die Einführung der Quote im Deutschen Wettbewerb Langfilm gab das drastische Missverhältnis zwischen Regisseurinnen und Regisseuren im vergangenen Jahr. 2017 war dort nur eine Frau als Co-Regisseurin vertreten, gegenüber zehn Regisseuren.
„Wir setzen hinsichtlich unseres Filmprogramms beim Deutschen Wettbewerb Langfilm mit einer Quote an und verstehen das als einen Anfang. Grundsätzlich brauchen wir natürlich in all unseren Sektionen konstant weibliche Stimmen. Das bedeutet für uns, dass wir auch bei unseren anderen Sektionen ein genaues Auge auf ein ausgeglichenes Verhältnis der Geschlechter haben, unsere Arbeit fortlaufend evaluieren und das Thema Diversity insgesamt größer denken“, erläutert Pasanen und fügt hinzu: „Für uns stellt sich das Problem auch als eines dar, das gehäuft bei den Langfilmen auftritt. In unseren Kurzfilmwettbewerben ist das Verhältnis der Geschlechter weitaus ausgeglichener.“
Ralph Eue, der neben seiner Tätigkeit als Programmer auch als Leiter der Auswahlkommission wirkt, ergänzt: „Wir sehen die Quote als Werkzeug, mit dem wir uns am gegebenen Ort unseres Festivals einem offensichtlichen Problem stellen. Wir wollen mit Sorgfalt und Umsicht ein Zeichen setzen. Es ist keine gute Strategie, die Verantwortung für Veränderung in Fragen der Geschlechtergleichheit im Zusammenhang des Films auf andere Personen oder Institutionen abzuwälzen und selbstzufrieden zu warten, dass sich dort etwas bewegt. Bewegung taugt nur, wenn man sich selber bewegt.“
2018 ist auch die Auswahlkommission des Festivals mit vier Frauen und drei Männern überwiegend weiblich besetzt. Ab diesem Jahr werden ihnen die Filme in der ersten Sichtungsrunde so weit wie möglich anonymisiert vorgelegt, das heißt, Filme erhalten sie zunächst nur mit einer Referenznummer, ohne weitere Angaben zum Team.
Die Filmexpert/innen sichten für das Festival alle eingereichten Filme und entscheiden schließlich gemeinsam mit Festivalleiterin Leena Pasanen, welche Filme in der Offiziellen Auswahl, und damit auch den Wettbewerbssektionen des Festivals laufen. Zudem achtet DOK Leipzig bei der Besetzung der Jurys und der Festivalberater/innen auf eine ausgewogene Präsenz von Frauen und Männern.
Im Bereich DOK Industry hat das Festival bereits Maßnahmen ergriffen, um Filmemacherinnen in der Entwicklung von Dokumentarfilmen zu fördern. So werden im Rahmen des DOK Co-Pro Market zwei Auszeichnungen an weibliche Filmschaffende vergeben. Unterstützer des DOK Leipzig and EWA Development Prize ist das European Women’s Audiovisual Network, Schirmherrin ist die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst Dr. Eva-Maria Stange. Darüber hinaus wird mit Hilfe des ZONTA Club Leipzig Elster ein Reisekostenstipendium bereitgestellt, das einer Produzentin oder Regisseurin ermöglicht, am DOK Co-Pro Market teilzunehmen.
Programmer Ralph Eue schließt: „Wir wollen uns eine Filmauswahl leisten, in der sich gesellschaftliche Zustände und vor allem Prozesse abbilden. Die Einführung einer Quote ist ein Instrument, dies zu tun.“
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