Zur Einführung einer landeseigenen Regelung zum Erlass von Wohnsitzauflagen gegenüber anerkannten Asylsuchenden erklärt Petra Zais, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag: „Eine Wohnsitzauflage, die anerkannte geflüchtete Menschen dazu zwingt, bis zu drei Jahre im Ort der Erstzuweisung zu leben, lehne ich ab. Anerkannte geflüchtete Menschen müssen dorthin ziehen können, wo sie für sich und ihre Familien Perspektiven sehen.“
„Bei der bundesrechtlichen Norm des Paragrafen 12a Aufenthaltsgesetz, der die Erteilung einer Wohnsitzauflage gegenüber anerkannten Geflüchteten erlaubt, handelt es sich um eine Kannregelung. Der Staatsminister des Innern, Roland Wöller (CDU) muss von dieser Ermächtigungsnorm keinen Gebrauch machen. Anstatt die Freiheitsrechte der geflüchteten Menschen zu beschneiden, müssen die ländlichen Gebiete, die von Abwanderung betroffen sind, mit konkreten Angeboten, wie bezahlbarem Wohnraum, guten vorschulischen und schulische Rahmenbedingungen, Sprachkursen und Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Jobaussichten um den Verbleib der Menschen in der Region werben.“
„Der Staatsminister verfolgt mit dem Erlass zur Regelung des Verfahrens zur Erteilung einer Wohnsitzauflage das Ziel, ‚bereits im Vorfeld der Bildung von integrationshemmenden ethnischen Schwerpunkten‘ entgegenwirken zu können (siehe 3.2.3 des Erlasses). Darüber, nach welchen Kriterien ein ‚ethnischer Schwerpunkt‘ in objektiv messbarer Weise festzustellen ist, gibt der Erlass keine Auskunft. Ich sehe dabei vor allem Eines: die Anknüpfung an Vorurteile und das Schüren von Angst vor sogenannter Ghetto-Bildung, ohne ein objektivierbares sachliches Tatsachenbild erhoben zu haben. Das ist nicht redlich und schürt Ressentiments nicht nur gegenüber geflüchteten Menschen, sondern gegenüber allen Menschen, die nicht ‚deutsch‘ aussehen und deren Name nicht ‚deutsch‘ klingt. Vor allem dient die Einschränkung der freien Wohnortwahl nicht der Integration.“
„Ohne Investitionen in die Infrastruktur im ländlichen Raum wird das Instrument der Wohnsitzauflage, das ausschließlich zum Zwecke der Förderung einer nachhaltigen Integration genutzt werden darf, nicht funktionieren. Zum Plan des Ministers, zukünftig Asylsuchende aus Ländern mit schlechter Bleibeperspektive länger als bisher in den Erstaufnahmeeinrichtung zu belassen, sehe ich sehr kritisch. Vor allem Kinder werden darunter leiden, weil für sie der Besuch einer Schule in dieser Zeit nicht vorgesehen ist.“
Hintergrund: Bisher haben sieben der 16 Bundesländer von der Regelung des Paragrafen 12a Aufenthaltsgesetz Gebrach gemacht und landesinterne Regelungen zur Wohnsitzauflage getroffen:
https://forum-midem.de/cms/data/fm/download/MIDEM_Policy_Paper_2018-1_Wohnsitzauflage.pdf
Paragraf 12a Aufenthaltsgesetz
https://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__12a.html
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