Das Forschungsflugzeug Polar 5 bricht am 15. März auf nach Grönland. Vom äußersten Nordosten der Insel aus untersucht ein internationales Wissenschaftlerteam vier Wochen lang, wie sich das Klima in der Arktis wandelt.
In der PAMARCMiP-Kampagne messen sie die Veränderungen im Meereis und der Atmosphäre zwischen Grönland und Spitzbergen – am Boden, mit einem Fesselballon und vom Flugzeug aus. Dabei haben sie es vor allem auf Rußpartikel abgesehen. Mit dabei sind auch Forscher der Universität Leipzig und des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung. Bislang ist Grönland nicht gerade für Flächenbrände bekannt. Doch in einer Torflandschaft im Westen der Insel breitete sich im vergangenen Sommer ein Feuer über mehrere Quadratkilometer aus. Satellitenbilder zeigten die enorme Rauchentwicklung. Sollten solche Brände in der Arktis in Zukunft zunehmen, hätte das selbst für nahezu unbewohnte Regionen Auswirkungen mit ungewissem Ausgang. Wenn sich Rußpartikel – sogenannter Black Carbon – auf dem Schnee und Eis ablagern, reduziert sich deren Reflexionsvermögen und die Oberfläche absorbiert mehr Sonnenstrahlung. Dadurch wiederum schmilzt das Eis noch schneller als bisher.
Region rückt immer weiter in den Fokus für den Abbau von Ressourcen
Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs zur „Arktischen Klimaveränderung“ untersucht ein internationales Wissenschaftlerteam von Nordgrönland aus, welche Auswirkung Rußpartikel konkret auf die arktische Umwelt haben. Mögliche Brände sind jedoch nur eine von vielen Quellen für Ruß- und andere Aerosolpartikel. „Wir sehen in der Arktis schon jetzt eine deutliche Zunahme der Schifffahrt. Außerdem rückt die Region immer weiter in den Fokus für den Abbau von Ressourcen. Deshalb wollen wir auf unserer Kampagne herausfinden, welche Konsequenzen die damit verbundene Zunahme an Ruß und anderen Aerosolpartikeln mit sich bringen wird“, sagt Andreas Herber, Projektkoordinator am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). „In diesem Winter beobachten wir eine geringere Meereisausdehnung als noch in den Vorjahren. Gerade in der Region zwischen Grönland und Spitzbergen ist es in diesen Jahren sehr dramatisch. Aber auch vor Nordgrönland, wo wir unsere Untersuchungen durchführen, gibt es offene Stellen im Meereis. Das ist dort eigentlich nicht üblich“, fügt Dr. André Ehrlich vom Leipziger Institut für Meteorologie der Universität Leipzig hinzu.
Sonderforschungsbereich beobachtet Klimaveränderungen in der Arktis
Rund 30 Wissenschaftler und Techniker aus Deutschland, Dänemark, den Niederlanden und Japan werden in den nächsten vier Wochen von der grönländischen Forschungsstation Villum aus Flugbeobachtungen und Bodenmessungen durchführen und dabei unter anderem Ruß im Schnee und in den Wolken untersuchen. Auch André Ehrlich wird mit drei weiteren Leipziger Kollegen vor Ort sein und bei minus 20 bis minus 30 Grad Rußpartikel in Luft und Boden analysieren. Mit speziellem Gerät messen die Leipziger Forscher die reflektierte Strahlung vom Erdboden – und das spektral, das heißt in verschiedenen Wellenlängen. Daraus können sie ableiten, wie groß die Schneekristalle sind und wie hoch der Rußgehalt in Eis und Schnee ist.
Ziel: Klimaentwicklung der Arktis mit verschiedenen Methoden und über längere Zeiträume beobachten
Die Kampagne PAMARCMiP (Pan-Arctic Measurements and Arctic Climate Model Intercomparison Project) ist Teil des DFG-geförderten transregionalen Sonderforschungsbereichs (SFB/TR) 172 – Arktische Klimaveränderungen. Ziel des Forschungsverbundes ist es, die Klimaentwicklung in der Arktis mit verschiedenen Methoden und über längere Zeiträume zu beobachten. Die Forscher wollen so die Vorhersagemodelle zur Erwärmung der Arktis weiterentwickeln. Die Ursachen dieser überdurchschnittlichen Erwärmung beruhen auf vielfältigen Faktoren, die das Klima in dieser Region beeinflussen, die aber bisher noch nicht vollständig bekannt sind. „Die Erwärmung in der Arktis schreitet zwei- bis dreimal schneller voran als auf dem gesamten Globus. Bislang wissen wir nicht, ob und wenn ja welchen Einfluss Rußablagerungen auf dem Meereis, dem Schnee und in der Atmosphäre dabei haben. Die Messungen der PAMARCMiP-Kampagne sind für uns somit ein wichtiger Baustein im Puzzle des Verständnisses der arktischen Klimaveränderungen. Im Rahmen des SFB können wir so die Wetter- und Klimamodelle besser interpretieren und Empfehlungen geben“, sagt Prof. Dr. Manfred Wendisch vom Leipziger Institut für Meteorologie der Universität Leipzig und zugleich Sprecher des SFB 172.
So laufen die Untersuchungen in Grönland ab
In insgesamt 70 Flugstunden wollen die Wissenschaftler neben dem Ruß und anderen Partikeln noch viele weitere Parameter messen – darunter etwa die Meereisdicke, die als Schlüsselgröße für die Entwicklung des Meereises gilt. „Im Klimasystem spielt nicht nur die Ausdehnung des arktischen Meereises eine Rolle. Wir müssen auch genau wissen, wie dick es ist. Nur dann können wir sagen, ob das Meereis insgesamt weniger wird“, sagt Andreas Herber. Die Messung erfolgt mit einer Meereisdickensonde, dem sogenannten EM-Bird, die an dem Forschungsflugzeug Polar 5 angebracht ist und während des Flugs auf eine Höhe von etwa 10 bis 15 Metern über dem Meereis hinabgelassen wird.
Fesselballon und Drohne kommen zum Einsatz
Die Flugkampagne wird durch intensive Messung am Boden ergänzt, die als wichtige Referenz für die Flugzeugmessungen dienen. Hier nehmen die Wissenschaftler etwa Schneeproben um Korngröße, Reflexionsvermögen und Konzentration der Rußpartikel zu untersuchen. Ferner werden am Boden Messungen zur Häufigkeit von Aerosolpartikeln durchgeführt, die die Bildung und das Gefrieren von Wolken beeinflussen. Zur Verknüpfung von Boden- und Flugzeugmessungen kommen ein Fesselballon und eine Drohne zum Einsatz, die meteorologische Messung bis in einer Höhe von 1.000 Metern ermöglichen. „Derartige Untersuchungen sind speziell in der Arktis sehr wichtig, weil wegen der komplizierten Struktur der dortigen Atmosphäre Bodenmessungen alleine nicht aussagefähig sind“, sagt Holger Siebert vom Leibniz-Institut für Troposphärensforschung (TROPOS) in Leipzig.
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