Die Vermittlung der Geschichte von Unterdrückung und Unrecht in der DDR ist der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ ein zentrales Anliegen. Anlässlich des beliebten Leipziger Lesefestes „Leipzig liest“ lädt das Bürgerkomitee Leipzig e.V. deshalb vom 15. bis zum 18. März 2018 zu 21 Lesungen und Buchvorstellungen namhafter Autoren ein, die mit Zeitzeugen- und Podiumsgesprächen, Kurzfilmen und Musik kombiniert sind. Der Eintritt zu allen Lesungen ist frei.
„Leipzig liest“ in der „Runden Ecke“: Zwischen Demokratie und Diktatur
Im 100. Jahr nach der Ausrufung der ersten deutschen Demokratie lädt die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ ein, sich mit dem zentralen historischen Ereignis zu befassen und es zum Ausgangspunkt für Gespräche über die nachfolgende jüngere Geschichte mit ihrem Kampf zwischen demokratischen und diktatorischen Systemen zu nehmen. Einer der Veranstaltungshöhepunkte im Rahmen von „Leipzig liest“ ist deshalb die Vorstellung des Buches von Wolfang Niess „Die Revolution von 1918/19. Der wahre Beginn unserer Demokratie“ (Do., 20:00 Uhr).
Wie die Geschichte von Diktatur und Demokratie nach 1945 unterrichtet werden kann, wird bei der Buchvorstellung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur unter Moderation von Lutz Rathenow, dem Sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, diskutiert (Sa., 16:00 Uhr).
Das Unrechtsregime der DDR wird weiter an Hand verschiedener Aspekte beleuchtet, darunter dem Dopingmissbrauch im DDR-Sport (Do., 13:00 Uhr), dem „Sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen in der DDR“ (Fr., 14:00 Uhr), bei der Verfolgung der Zeugen Jehovas (Sa., 14:00 Uhr) oder beim Umgang mit Punks (Sa., 19:00 Uhr). Ebenfalls berichten ehemalige politische Häftlinge (Do., 19:00 Uhr; Fr. 12:00 und 16:00 Uhr).
Anlässlich des Länderschwerpunkts Rumänien stellt die preisgekrönte Bürgerrechtlerin und „Dichterin der Freiheit“, Ana Blandiana, ihr neues Werk ebenso vor wie die von ihr mit aufgebaute Gedenkstätte „Memorial Sighet“ am Ort des berüchtigten Securitate-Gefängnisses (Sa., 20:00 Uhr). Spannende Debatten bietet auch die Buchvorstellung am Freitag um 20:00 Uhr, wenn es um die Frage geht, wie ein weltoffenes Deutschland aussehen kann. Den Abschluss bildet die Matinée-Lesung mit Zeitzeugen und Liedermachern am Sonntag um 11:00 Uhr zum Buch „Heilende Wunden. Wege der Aufarbeitung politischer Traumatisierung in der DDR“.
Das gesamte Programm ist online auf der Museums-Website verfügbar und kann auch als PDF-Datei heruntergeladen werden: www.runde-ecke-leipzig.de. Der Eintritt zu allen Lesungen ist frei.
Begegnungen am authentischen Ort: Veranstaltungen im Stasi-Kinosaal und in ehemaligen Büros
Veranstaltungsort ist überwiegend der ehemalige Stasi-Kinosaal, in dem auch die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ gezeigt wird. Der Saal ist ein original erhaltenes Relikt der SED-Diktatur und damit ein Stück Zeitgeschichte. In dem repräsentativen Saal fanden vielfältige Veranstaltungen der Staatssicherheit statt, darunter offizielle Feiern anlässlich wichtiger Jahrestage, Schulungen und Dienstbesprechungen. Anlässlich des 40. Jahrestags der DDR ließ die Bezirksverwaltung den Kinosaal komplett renovieren und eine neue Bestuhlung anschaffen. Der Kinosaal steht heute unter Denkmalschutz und wird als authentischer Ort von der Gedenkstätte für Geschichtsvermittlung, politische Bildung und aktuelle Debatten genutzt.
Die Veranstaltungen jeweils um 19:00 Uhr finden in der Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ statt. Auch hier erleben die Besucher Zeitzeugenlesungen am authentischen Ort, denn hier befanden sich bis zur Besetzung der ehemaligen Stasi-Bezirksverwaltung Leipzig Büro- und Arbeitsräume der Stasi-Offiziere.
Historische Stadtrundgänge und Ausstellungs-Führungen zur Buchmesse
Während des viertägigen Lesefestes bietet die Gedenkstätte zusätzliche Stadtrundgänge zum Thema „Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“ an. Der geführte Rundgang erinnert an markanten Punkten der Leipziger Innenstadt an die historische Entwicklung des Jahres 1989. Zeitgeschichte wird so am Ort des Geschehens lebendig und nachvollziehbar. Termine: 16., 17. und 18. März 2018 jeweils um 14:00 Uhr. Treffpunkt: Hauptportal Nikolaikirche.
Die tägliche, öffentliche Führung um 15:00 Uhr durch die Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ findet wie gewohnt jeden Tag statt. Lediglich die öffentlichen Führungen durch die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal freitags und samstags je um 16:30 Uhr entfallen am Buchmesse-Wochenende.
Die „Runde Ecke“ als Ort des aktuellen und gesellschaftlichen Diskurses
In original erhaltenen Räumen der ehemaligen Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig informiert die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ über die Stasi als Garant der SED-Diktatur und über deren Überwindung durch die Friedliche Revolution. Die Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ zeigt zahlreiche, teils einzigartige Exponate zu Geschichte, Struktur und Arbeitsweise des DDR-Geheimdienstes, darunter eine Maskierungswerkstatt, Geruchskonserven, Abhörtechnik oder Geräte zur Postkontrolle bis hin zu einer Zelle aus der Stasieigenen Untersuchungshaftanstalt. Die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ berichtet von den Ereignissen im Herbst ’89, die die kommunistische Diktatur in der DDR zum Einsturz brachten und den Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands ebneten. Seit 2012 ist die Gedenkstätte Teil des Europäischen Kulturerbes „Eiserner Vorhang“.
Mit seiner Arbeit versucht das Bürgerkomitee die Erinnerung an das SED-Unrechtsregime wach zu halten und den Tendenzen der Ostalgie entgegenzuwirken. Dies geschieht durch Veröffentlichungen, politische Bildungsarbeit und Beratung sowie Sammlung und Dokumentation. Darüber hinaus hat sich die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke” mit zahlreichen Veranstaltungen als Ort des aktuellen gesellschaftlichen und politischen Diskurses etabliert. Regelmäßig organisiert sie Filmvorführungen, Lesungen und Diskussionen zur Thematik der DDR-Staatssicherheit sowie des SED-Regimes und dessen Aufarbeitung.
Die gesamte Veranstaltungsreihe entstand in Zusammenarbeit mit Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur bzw. der Stasi-Unterlagen, Forschungseinrichtungen, Opferverbänden, Gedenkstätten sowie Verlagen und findet in Kooperation mit dem Sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur statt.
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