Am Samstag, den 24. März, trafen sich auf Einladung des NABU Sachsen im Tagungshotel Kloster Nimbschen Vertreter des staatlichen und des ehrenamtlichen Naturschutzes, Politiker, Behörden und Naturschutzverbände sowie auch Landnutzer zum Sächsischen Naturschutztag, der in dieser Form alle zwei Jahre stattfindet. Schirmherr der Naturschutztage ist Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler.
Im Fokus standen in diesem Jahr Sachsens Wälder und Gewässer. Auch sie sind betroffen von Klimawandel und Umweltveränderungen, damit verbunden ist ein drastischer Verlust der Artenvielfalt. Erkannt wurde das schon lange, und es gibt auch konkrete Pläne, etwas dagegen zu unternehmen. Aber reichen die Pläne und wie weit sind sie überhaupt schon umgesetzt? Über solche Fragen wurde lebhaft diskutiert.
Begrüßt wurden die rund 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Bernd Heinitz, dem Vorsitzenden des NABU Sachsen. Er verwies auf immer neue Schreckensmeldungen zum weltweiten Artensterben und auf die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen, auch in den Bereichen Wald und Gewässer. So kritisierte Bernd Heinitz, dass nur vier Prozent der sächsischen Oberflächengewässer in einem guten ökologischen und chemischen Zustand sind und dass nur ein sehr geringer Anteil der sächsischen Waldflächen nach zertifizierten Kriterien ökologisch nachhaltig bewirtschaftet wird.
Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler mahnte in seinen Grußworten: „Wir müssen nicht nur reden, sondern handeln, wo wir Einfluss nehmen können für den Schutz der akut bedrohten Biologischen Vielfalt.“ Er dankte in diesem Zusammenhang dem NABU für sein Engagement für den Naturschutz und für die Organisation des Naturschutztags.
Als erster Referent sprach Staatssekretär Dr. Frank Pfeil aus dem Sächsischen Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft. Er verwies darauf, dass der Staat sich laut Gesetz für den Naturschutz einzusetzen hat. Um Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität umzusetzen, forderte er ehrenamtliche und staatliche Naturschützer sowie Flächeneigentümer auf, miteinander zu reden und gemeinsam zu handeln.
Nachfolgend forderte Michael Bender von der Grünen Liga, den Flüssen mehr Raum zu geben und im Umland den natürlichen Hochwasserrückhalt zu verbessern. Außerdem sprach er sich für eine Änderung der Agrarförderung aus, da die Landwirtschaft für einen katastrophalen Artenschwund und für Gewässerverschmutzung in hohem Maße verantwortlich ist.
Oliver Fritzsche, sächsischer Landesvorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), berichtete in seinem Vortrag über Umweltbildung und Waldpädagogik seines Verbands, um die Menschen über ökologische, soziologische und ökonomische Funktionen des Waldes aufzuklären. Es gehe um die berechtigte wirtschaftliche Nutzung des Waldes, aber auch um die Erholungs- und Schutzfunktion des Waldes, zum Beispiel für den Hochwasserschutz.
Dr. Michael Homann, im Staatsbetrieb Sachsenforst Leiter des Referats Naturschutz im Wald, stellte das Naturschutzkonzept für den sächsischen Landeswald vor. Widerspruch bekam er vom nachfolgenden Redner, Dr. Rolf Steffens, der für den NABU Sachsen sprach. Dass eine naturnahe Waldwirtschaft bereits ausreicht für einen erfolgreichen Biotop- und Artenschutz, bestritt Dr. Steffens grundsätzlich. Nutzungsfreie Flächen seien zusätzlich erforderlich! Zudem forderte Dr. Steffens, frühzeitig in alle Planungen den ehrenamtlichen Naturschutz vor Ort einzubeziehen, um die Fach- und Gebietskenntnisse zu nutzen.
Dass eine naturgemäße Waldwirtschaft im Landesforst sehr wohl möglich ist, versuchte im Anschluss Stephan Schusser zu belegen. Er ist Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft, aber auch Leiter des Forstbezirks Eibenstock. In seinem Vortrag berichtete er über den ökologisch orientierten Waldumbau von einem Fichtenreinbestand zu einem sich selbst verjüngenden Mischwald.
Im zweiten Teil der Vorträge ging es um die Gewässer in Sachsen. Als erster sprach Joachim Schruth vom NABU Sachsen über Durchgängigkeit und Hochwasserschutz. Als ein Problem beschrieb er Wasserkraftanlagen, die unpassierbar für Fische sind und die Wassermenge unzulässig reduzieren. Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes nannte er nötig, aber sie dürften nicht andere Maßnahmen ersetzen. Zusätzliche Retentionsflächen seien zum Beispiel dringend erforderlich.
Dr. Bernd Spänhoff vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) erläuterte das Konzept zur nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung und Auenentwicklung. Düster beschrieb er dabei den Ist-Zustand: Viele nach EU-Recht geschützte Gebiete sind in keinem guten Erhaltungszustand, noch schlechter sieht es bei den Gewässern aus, die sich nicht in dem von der EU geforderten guten ökologischen Zustand befinden. Um den Gewässern mehr Raum zu geben, forderte er eine Zusammenarbeit mit Flächeneigentümern und ‑nutzern. Zudem müsse das Hochwasserschutzkonzept durch ein Auenprogramm ergänzt werden, mit dem Ziel, Auenrelikte zu entwickeln und den Erhaltungszustand zu verbessern.
Zum Abschluss des Tages ging Lars Stratmann, stellvertretender Vorsitzender des BUND Sachsen, mit Blick auf Gewässerzustand, Vielfalt und Verbundfunktion auf die Frage ein: Was fehlt noch? Seine Antwort auf diese Frage enthielt viele Forderungen. So müssen die Lebensraumvielfalt verbessert, die Verbundfunktion der Fließgewässer hergestellt und der Gewässerzustand verbessert werden. Insbesondere sei eine veränderte Agrarförderung notwendig, um eine an Naturraum und Landschaft angepasste bäuerliche Landwirtschaft zu fördern.
Die Teilnehmer des Naturschutztags zeigten sich zufrieden mit dem Veranstaltungsort im Kloster Nimbschen. In den Pausen entwickelten sich viele Diskussionen zu aktuellen Fragen des Naturschutzes und zum Miteinander staatlicher und ehrenamtlicher Akteure. Nach jedem Referat gab es ebenfalls Fragen und Meinungsäußerungen und lebhafte Wortwechsel.
Zum Ende lud der NABU Sachsen alle zum nächsten Naturschutztag ein, der 2020 stattfinden wird. Im Blickpunkt steht dann die Frage nach den Erfolgen im Biotop- und Artenschutz insgesamt. Denn 2009 gab sich der Freistaat Sachsen in seinem Maßnahmenplan „Biologische Vielfalt 2020“ das Ziel, den Rückgang der biologischen Vielfalt im Freistaat aufzuhalten. 2020 endet der Zeitraum, in dem der Freistaat dieses Ziel erreichen will. „Das ist ein guter Zeitpunkt, um gemeinsam Bilanz zu ziehen“, so Bernd Heinitz abschließend.
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