Im Laufe der Evolution hat sich das Großhirn von Säugetieren immer weiter vergrößert. Das sich entwickelnde Großhirn des Menschen enthält einen besonderen Zelltyp, die basale radiale Gliazelle (bRG). Diese ist zu wiederholten Zellteilungen fähig und auch bei anderen hochentwickelten Säugern mit relativ großem Gehirn in hoher Zahl zu finden.
Das weist auf eine zentrale Bedeutung dieses Zelltyps bei der Vergrößerung des Gehirns im Laufe der Evolution hin. Veterinärmediziner der Universität Leipzig unter der Leitung von Juniorprofessorin Dr. Dr. Simone Fietz haben jetzt herausgefunden, dass auch im Gehirn einer “urtümlichen” Säugetierspezies wie der Känguruart Tammar Wallaby eine große Zahl verschiedener neuraler Vorläuferzelltypen zu finden sind, unter anderem auch die basale radiale Gliazelle. Ihre neuen Erkenntnisse haben sie im Fachjournal “Cerebral Cortex” veröffentlicht.
“Unsere Untersuchungen lassen vermuten, dass bereits der gemeinsame Vorläufer von Beuteltieren und den Höheren Säugern diesen Zelltyp besaß und damit der Grundstein für die Größenzunahme des Großhirns schon sehr viel früher in der Evolution gelegt wurde als bisher vermutet”, erklärt Simone Fietz.
Wissenschaftler hatten bislang angenommen, dass die basale radiale Gliazelle ausschließlich in Höheren Säugetieren vorhanden ist. Das Tammar Wallaby ist eine rezente Känguruart aus Südaustralien, die zu den kleinsten der Welt zählt. Sie ist nur dort beheimatet. Säugetiere (Mammalia) sind eine Klasse der Wirbeltiere.
Sie werden in drei Unterklassen eingeteilt: die eierlegenden Ursäuger (Protheria), die Beutelsäuger (Metatheria) und die höheren Säugetiere (Eutheria). Heute leben von der Gruppe der Metatheria nur noch die Beuteltiere. Andere Untergruppen sind ausgestorben. Das Tammar Wallaby ist als Känguru ein Beuteltier. Diese unterscheiden sich von den Höheren Säugetieren unter anderem darin, dass ihre Jungtiere in einem sehr frühen, embryoartigen Stadium geboren werden und anschließend im Beutel der Mutter heranwachsen. Die Höheren Säugetiere werden auch Plazentatiere genannt, weil ihre Nachkommen sich komplett im Mutterleib entwickeln und heranwachsen.
Simone Fietz, die Juniorprofessorin für Funktionelle Neuroanatomie am Veterinär-Anatomischen Institut der Universität Leipzig ist, arbeitete bei ihrem vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) geförderten Projekt mit Prof. Marilyn Renfree und Dr. Brandon Menzies vom Department of Zoology der University of Melbourne zusammen. Dort werden vor allem Studien zur Fruchtbarkeit und Vermehrung der Tammar Wallabys durchgeführt.
Christine Sauerland, Doktorandin an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig, hat die neuralen Vorläuferzelltypen des Tammar Wallaby charakterisiert. “Unsere Untersuchungen liefern den ersten Hinweis, dass auch der gemeinsame Vorläufer von Beuteltieren und höheren Säugern bereits das Potenzial für die Größenzunahme des Großhirns besaß. Das ermöglicht neue Einsichten in die genetische Entwicklung neuraler Vorläuferzellen der Säuger”, erläutert Christine Sauerland.
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