Unternehmen sind nicht nur heiß auf neue Kunden, sondern auch auf ihre persönlichen Daten. Das Einverständnis dazu gibt man oft direkt bei Vertragsabschluss. So in der Vergangenheit auch bei der Primacom Berlin GmbH mit Sitz in Leipzig. Die Kunden sollten unter anderem ihr Einverständnis zur Nutzung der Daten zu Marktforschungszwecken und zur Übermittlung an Dritte erklären. Nach Auffassung der Verbraucherzentrale Sachsen geschah das intransparent und damit unwirksam.
Als bundesweit erste Verbraucherzentrale haben sich Sachsens Verbraucherschützer deshalb die neue Verbandsklagebefugnis zunutze gemacht, um die Weitergabe von persönlichen Daten auf Grundlage einer intransparenten Einwilligung bei der Primacom vor Gericht zu unterbinden – mit Erfolg.
„Das Urteil gegen die Primacom ist ein wichtiger Schritt gegen eine intransparente Sammelkultur“, erklärt Michael Hummel, Justiziar der Verbraucherzentrale Sachsen. Die Verbandsklagebefugnis wurde 2016 vom Gesetzgeber erweitert und ergänzt die Kontrollbefugnisse der Datenschutzbeauftragten. Demnach dürfen Verbraucherverbände abmahnen und klagen, wenn Unternehmen gegen Datenschutzvorschriften verstoßen, beispielsweise bei Werbung oder dem Geschäft mit Nutzerdaten und Persönlichkeitsprofilen. „Viele Verbraucher scheuen es aufgrund der damit verbundenen Kosten und Mühen, allein vor Gericht zu ziehen“, erklärt Hummel. „Die Verbandsklagebefugnis stärkt den Schutz der persönlichen Daten deshalb sehr effizient und wirkungsvoll.“
Im Fall Primacom können betroffene Kunden nun das Urteil vom Landgericht Leipzig für sich nutzen. „Auch wenn die Daten, die vor dem Urteil durch das Unternehmen an Dritte weitergegeben wurden, natürlich nicht zurück zu holen sind, können Kunden von ihrem Auskunftsanspruch Gebrauch machen. Danach muss die Primacom offenlegen, welche Empfänger personenbezogene Daten erhalten haben“, rät Hummel. Ein entsprechendes Musterformular hält die Verbraucherzentrale auf ihrer Webseite bereit. Gegenüber diesen Dritten haben Betroffene den Anspruch, dass ihre Personendaten gelöscht werden. Ein Einverständnis, mit dem die Primacom Nutzerdaten auch weiterhin an Dritte weitergegeben könnte, müsste sich das Unternehmen jedenfalls erneut von ihren Kunden einholen.
In dem Urteil vom 3. November (Aktenzeichen 04 HK O 2188/16) wurde einer Klage der Verbraucherzentrale Sachsen stattgegeben und die Nutzung von Verbraucherdaten auf Grundlage einer rechtswidrigen Klausel untersagt. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte war im Verfahren angehört worden und vertrat ebenfalls die Auffassung, dass die Klausel nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Weiter wurde die Primacom in der Entscheidung auch wegen unzulässigen Tricksereien bei der Preisdarstellung verurteilt. Sie hatte die monatlichen Kosten eines für viele Kunden zwingend erforderlichen Kabel-TV-Vertrages nicht im Gesamtpreis angegeben. Auch sahen die Richter eine Klausel zur automatischen Vertragsverlängerung als unzulässig an, wenn die Kunden weitere kabelbasierte Verträge während der Laufzeit ihres Ursprungsvertrages abschlossen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Im Fall einer Berufung geht der Fall zum Oberlandesgericht Dresden.
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