„Am Sonntag wurde der Deutsche Bundestag gewählt und wir müssen jetzt mit den Ergebnissen umgehen. Unsere Aufgabe ist es jetzt erst einmal, die Sprachlosigkeit zu überwinden, die auch aufgrund eines erschreckenden Wahlergebnisses zustande gekommen ist.“
„Für uns war es eine bittere Niederlage. Ich habe in den letzten Stunden viele Anrufe, Mails und Briefe bekommen, von Leuten, die Orientierung wollen. Denen sage ich: Engagiert euch. Wir stehen hinter euch, für ein demokratisches, offenes Sachsen, für ein Deutschland, in dem es sich leben lässt. Die Menschen können auf uns zählen. Wir müssen diese Sprachlosigkeit überwinden, auch wenn es darum geht, die Wahlergebnisse in Sachsen zu erklären. Denn wenn man gerade außerhalb von Sachsen sieht, wie über Sachsen gesprochen wird, merkt man schon, dass das Urteil gesprochen zu sein scheint – ‚Die Sachsen wieder.‘“
Das wird aber unserem Land nicht gerecht. Wir brauchen nicht drum herumreden: Wir haben ein Problem mit Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in Sachsen. Wir haben ein Problem, mit Menschen, die ihre Wut auf die Plätze bringen, auf die Straßen – aber, das alleine ist nicht Sachsen. Dieses Bild wird diesem Land einfach nicht gerecht. Deshalb geht es darum, dass wir vor allem die Spaltung dieser Gesellschaft verhindern, dass wir alles tun, dass Menschen sich hier heimisch fühlen, hier gut und sicher leben können – egal ob hier geboren oder hierher gekommen. Wir brauchen dazu auch eine neue Kultur der Auseinandersetzung. Schreien und Wut allein, bringen keine Lösung. Wir müssen darüber reden, wie wir uns das Zusammenleben in diesem Land, in dieser Gemeinschaft, vorstellen.
Wir müssen die Wahlergebnisse erklären, auch im Unterschied zwischen Ost und West, und warum auch gerade in Sachsen, diese Ergebnisse so zustande gekommen sind. Es wurde in den letzten Wochen viel zu sehr über eine einzige Partei gesprochen. Ich habe mich zurückgehalten, aber jetzt werde ich natürlich auch etwas zum Thema AfD sagen müssen. Wir müssen unterscheiden: Reden wir über die Partei AfD oder reden wir über die Wählerinnen und Wähler? Wenn 27 Prozent der Sachsen AfD wählen, dann kann man diese Wählerinnen und Wähler nicht alle in eine rechte Ecke stellen. Zumal ein Großteil von ihnen selber weiß, dass ihre Wahlentscheidungen für diese Partei nicht ein einziges Problem lösen wird. Es war ein Hilfeschrei. Das sage ich nicht, um eine AfD zu rechtfertigen, ganz im Gegenteil. Ich werde mich immer und aktiv gegen völkisches und nationales Denken einsetzen – gegen Rassismus, gegen Fremdenfeindlichkeit. Die AfD hat mit mir einen erbitterten Gegner.
Aber wir müssen schon ernst nehmen, wenn Menschen AfD wählen, um uns, den anderen in der Politik, etwas zu sagen. Und da muss man genauer hinschauen: Warum sind die Ergebnisse im Osten für die AfD höher als im Westen und warum sind sie in Sachsen so hoch? Es gibt viele Menschen im Osten, die sich als Menschen zweiter Klasse fühlen. Sie fühlen sich ihrer Würde beraubt. Und ich möchte nicht, dass jetzt, nach diesem Bundestagswahlergebnis, die Menschen im Osten zum zweiten Mal ihrer Würde beraubt werden, indem man das Wahlergebnis undifferenziert bewertet. Wir müssen uns um die Wählerinnen und Wähler kümmern, die Respekt vor ihren Lebensleistungen einfordern.
Wir müssen die Probleme benennen, die es in dieser Gesellschaft gibt und wir müssen Menschen mit in die Verantwortung nehmen, die uns helfen können, Probleme zu lösen. Ich appelliere genauso an die Unternehmen in Sachsen, faire und ordentliche Löhne zu bezahlen. Viele haben in Ostdeutschland jahrzehntelang geringere Löhne in Kauf genommen, damit sie ihre Arbeitsplätze behalten können. Diese Menschen erwarten aber auch, dass man ihnen etwas zurückgibt.
Ich erlebe sehr häufig, dass Politikverdrossenheit Verwaltungsverdrossenheit ist. Wir als Teil der Verwaltung müssen uns deshalb auch fragen, wie wir es schaffen, bürgernäher zu sein. Nicht nur sagen, warum etwas nicht geht, sondern Lösungen finden. Wir müssen an die großen Themen ran, die zu lange dauern: Digitalisierung, Lehrermangel, Pflege, Wirtschaftsentwicklung, Mobilität.
Die Menschen dürfen nicht das Gefühl haben, dass sie abgehängt werden. Das große Problem dabei ist: Es gibt keine schnellen Lösungen. Selbst wenn es ein ehrliches Unterfangen ist, Dinge anders anzupacken, wird es keine schnellen und kurzfristigen Lösungen geben. Trotzdem müssen wir sie angehen. Ich werbe hier für das anständige Sachsen. Und ich werde nicht zulassen, dass ein Bild von diesem Land gezeichnet wird, das diejenigen, die etwas wollen in diesem Land, die aber auch Fragen haben, die sich dafür interessieren, wie es weitergeht, alle in eine Ecke gestellt werden. Das wird dem Land und den Menschen hier nicht gerecht. Ich werde weiterhin für anständiges Sachsen kämpfen.“
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