Im Leipziger Westen, für viele weit draußen, liegt Grünau. Hier ist alles weiter und größer – der Himmel, die Häuser, die Vorurteile. Seit dem 22. Juli erkunden die Leipziger Stadtteilexpeditionen bei verschiedenen Veranstaltungen und Aktionen zum dritten und vorerst letzten Mal den Stadtteil gemeinsam mit Menschen aus Grünau. Am 5. August können sich Interessierte dann mit einem speziellen Stadtplan, in dem alle Ergebnisse zusammengetragen werden, auf eigene Faust auf Expedition begeben, Grünaus Bewohner treffen und sich selbst ein Bild machen.
„Ja, was soll ich denn da noch zu sagen? Ich lebe seit 35 Jahren hier und das waren schöne Jahre, dass muss ich wirklich sagen“, erzählt eine Passantin. Die Äußerung steht konträr zu dem Bild, dass Grünau bei vielen hervorruft – graue Platten, wenig Grün, lange Wege. Nur wer nichts Besseres findet, zieht in die Platte. Aber ist das so? Spricht man mit Leuten in Grünau hört man unterschiedliche Meinungen, aber vor allem überraschend viel Positives – von funktionierenden Nachbarschaften, schön geschnittenen Wohnungen, der guten Anbindung an den ÖPNV oder dass die Kinder ohne Angst vor dem Verkehr zu Fuß zur Schule laufen können. Spaziert man dann selbst durch die Blöcke, die verwinkelten Straßen und Hinterhöfe, fällt vor allem schnell auf wie grün und ruhig es ist. An den warmen Sommertagen hört man die Bienen über den Blumenwiesen summen, Kinder spielen Fußball und wenn man Glück hat, sieht man einen der Feldhasen die sich Grünaus Grünflächen als Zuhause ausgesucht haben.
Daneben steht natürlich auch das, was Grünaus Ruf entspricht – graue Betonwände, kaputte Bänke, Streitfetzen, die durch ein offenes Fenster schallen, Trinkplätze, Graffiti und Sperrmüll im Gebüsch. Aber ist das so anders als in Connewitz oder Reudnitz? Seit vergangenem Samstag suchen die Leipziger Stadtteilexpeditionen den Kontakt zu Menschen aus Grünau, die hier leben oder arbeiten. Bei Kaffee und Kuchen wurden Dokumentarfilme gesichtet und über das Lebensgefühl und die politische Ausrichtung des Viertels diskutiert, ein Spaziergang zeigte die verschiedenen Grünformen von privatem Garten bis zum Urbanen Wald und an den beiden Mittwochen der Projekttage laden die Stadtteilexpeditionen zum Picknick vor dem Projektladen ein und sammeln dabei Geschichten und Anekdoten über Grünau. Das genaue Programm findet sich unter https://leipziger-stadtteilexpeditionen.de/expedition-9
Bis zum letzten Samstag, dem 5. August, entsteht dabei ein temporärer Stadtplan auf dem verschiedene Informationen über Grünau zusammengetragen sind. Grünauer Gastgeberinnen und Gastgeber laden dabei zwischen 14 und 17 Uhr zu verschiedenen Stationen ein, die jeder Expeditionsteilnehmer nach Lust und Laune ansteuern kann. Vielleicht öffnet jemand seine Wohnung oder lädt zum Schwatz auf die Parkbank. Vielleicht stellt sich eine Initiative vor oder ein Forschungsprojekt – wer sich an dem Stadtplan beteiligt, zeigt sich erst in den kommenden Tagen.
Die Leipziger Stadtteilexpeditionen gibt es seit 2014 und sie haben bisher die Viertel entlang der Eisenbahnstraße, Reudnitz und nun Grünau erkundet. Im September geht es weiter nach Probstheida in die Lange Lene. Das Kunstprojekt von Diana Wesser und Antje Rademacker wird in Grünau gefördert vom Kulturamt der Stadt Leipzig sowie der Städtebauförderung von Bund, Ländern und Gemeinden. Getragen wird das Projekt zur Zeit von der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V., DGGL und kooperiert mit Leipzig Grün – Baukultur und Stadtnatur sowie dem Netzwerk Gesundheit „Grünau bewegt sich“.
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