Die Verbände BUND, DNR, NABU und WWF setzen bei der Diskussion um die künftige EU-Agrarpolitik auf eine echte Bürgerbeteiligung. Mit Hilfe eines praktischen Online-Tools sollen alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit erhalten, sich direkt an die EU-Kommission zu wenden, um einer Forderung nach einer verantwortungsbewussten Landwirtschaft Nachdruck zu verleihen.

Die Verbände fordern von EU-Agrarkommissar Phil Hogan einen drastischen Kurswechsel bei den milliardenschweren Agrarsubventionen, die immerhin 38 Prozent des EU-Haushalts ausmachen. Sie kritisieren, dass der Großteil der landwirtschaftlichen Fördergelder in pauschale, flächenbezogene Agrarsubventionen fließt. Dies zwinge die Landwirte zu immer intensiveren Produktionsmethoden, die erhebliche Schäden an Natur und Umwelt verursachen. Eine neue Landwirtschaftspolitik ab 2020 müsse fair zu Landwirten und Verbrauchern, ökologisch nachhaltig und global verantwortungsvoll ausgerichtet sein. Die Verbände fordern daher eine gezielte Förderung von Leistungen der Agrarbetriebe zum Beispiel im Naturschutz. Eine verbesserte Tierhaltung müsse unterstützt und aktiv vorangetrieben werden sowie der Einsatz von weniger Pestiziden und Düngemitteln. Wer die Forderungen der Umweltverbände unterstützt, kann sich ab heute daher in einem vereinfachten Verfahren auf der Internetseite www.NABU.de/abstimmen an Brüssel wenden. Im Februar hatte die EU-Kommission die öffentliche Befragung zur Zukunft der Agrarpolitik nach 2020 gestartet, die bis zum 2. Mai läuft.

Mit aufrüttelnden Motiven zeigt der NABU, wie dramatisch der „Ausverkauf“ der Landschaft, der Artenvielfalt und unserer Ernährungsgrundlagen ist. So ist der Einsatz von Pestiziden in der industriellen Landwirtschaft mitverantwortlich für das massive Insektensterben. Rückstände von Pestiziden landen über die Lebensmittel auch auf unseren Tellern. Ein Apfel wird im konventionellen Obstanbau beispielsweise durchschnittlich 32 Mal vor der Ernte mit Pestiziden bespritzt. Besonders dramatisch ist der Mangel an Nahrung und Lebensraum in der Agrarlandschaft auch für das Rebhuhn. Seine Bestände sind in den letzten 25 Jahren um 94 Prozent zurück gegangen, heute ist der ehemals typische Agrarvogel nahezu ausgerottet.

Auch der NABU Sachsen macht seit Jahren auf die dramatische Situation der Vögel des Offenlandes und das Artensterben in der Agrarlandschaft aufmerksam. Auf dem 6. Sächsischen Naturschutztag im Frühjahr 2016 appellierte er, dass in der Landwirtschaft der größte Handlungsbedarf besteht, um den Verlust der Biodiversität einzudämmen (www.saechsischer-naturschutztag.de).

Der NABU forderte eine Naturschutzoffensive, um das Artensterben in der Agrarlandschaft zu beenden. Das Verschwinden des Rebhuhns ist dafür nur ein Beispiel. In Sachsen gab es zwischen 2004 und 2009 nur noch 200 bis 400 Brutpaare. Zwischen 1978 und 1982 waren es etwa 3.000 bis 5.000 (Quelle: Atlas der Brutvögel in Sachsen). Der NABU Sachsen unterstützte deshalb das sächsische Projekt zum Schutz bodenbrütender Arten des Agrarraumes (Bodenbrüterprojekt des Freistaates Sachsen von 2009 bis 2013), das nutzungsintegrierte Artenschutzmaßnahmen für Rebhuhn, Kiebitz und Feldlerche erprobte. Durch z. B. kleinere Schläge, mehr Randstrukturen und mehr ökologisch bewirtschaftete Fläche können die Bestände dieser Arten positiv beeinflusst werden. Doch dies ist nur möglich, wenn die aus dem Projekt gewonnen Erkenntnisse auch in einem ausreichenden Umfang in der Praxis umgesetzt werden.

NABU-Präsident Olaf Tschimpke: „Die Situation in der Agrarlandschaft ist alarmierend. Wir brauchen endlich eine neue, faire und umweltfreundliche EU-Agrarpolitik. Ziel muss es sein, den Pestizideinsatz einzudämmen und die Artenvielfalt auf Äckern zu fördern. Das schützt nicht nur die Insekten, Rebhuhn, Feldhamster und Co., sondern käme auch den Verbraucherinnen und Verbrauchern zugute, die eine giftfreie und lebenswerte Umwelt wünschen.

Leider bremst Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bislang alle Reformansätze für die dringend notwendige Agrarreform aus. Genau wie der Deutsche Bauernverband beharrt er alleine auf dem Status Quo der bedingungslosen Pauschalzahlungen nach dem Prinzip Gießkanne. „Davon profitieren vor allem die großen, intensiv wirtschaftenden Betriebe – und schaden der Natur und dem Steuerzahler. Wir als NABU sagen: Geben auch Sie Ihr JA für eine bessere Landwirtschaft für Mensch und Natur!“

NABU-Link zur Online-Aktion „Gib Dein JA für eine bessere Landwirtschaft“: www.NABU.de/abstimmen

Mehr Infos und NABU-Modell für eine alternative  EU-Agrarförderung: www.NABU.de/agrarreform2021

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