Klassischerweise treten im neuen Jahr zahlreiche neue Gesetzesregelungen in Kraft, so auch 2017. Von Regelungen im Pflegebereich über die Nährwertkennzeichnung bis hin zur Fußball-Bundesliga-Übertragung – Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen fasst die wichtigsten Änderungen zusammen.
Pflegebedürftigkeit neu definiert: Wer der Pflege bedarf und in welchem Umfang – darüber wird ab 01. Januar 2017 nach anderen Kriterien entschieden. Zukünftig werden auch Hilfebedürftige mit geistigen und psychischen Problemen stärker berücksichtigt. Um die Pflegebedürftigkeit festzustellen, werden sechs Lebensbereiche geprüft und mit unterschiedlicher Gewichtung bewertet. Danach wird der Pflegegrad bemessen. Fünf Pflegegrade lösen die bisherigen drei Pflegestufen ab.
Aufgrund der neuen Begutachtung werden zukünftig voraussichtlich mehr Menschen erstmals Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten. Wer bereits eine Pflegestufe hat, kann darauf vertrauen, weiterhin zumindest die gewohnte Pflege zu erhalten.
Die Überleitung in die neuen Pflegegrade erfolgt ohne neuen Antrag automatisch. Wer aufgrund der neuen Regelungen nur noch Anspruch auf geringere Leistungen der Pflegeversicherung hätte, wird durch den Besitzstandsschutz nicht schlechter gestellt – ein eventuelles Minus gleicht die Pflegekasse durch einen Zuschuss aus. Wird ein Antrag auf Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit noch bis zum 31. Dezember 2016 gestellt, wird noch nach den derzeitigen Regelungen begutachtet. Auch die Leistungen richten sich nach den noch gültigen Bestimmungen. Das gilt auch, wenn der Gutachter erst 2017 kommt.
Schlichtungsstellen: Ab dem 1. Februar 2017 werden Anbieter verpflichtet, auf ihren Internetseiten und beim Schriftwechsel mit Kunden auf Verbraucherschlichtungsstellen für eine außergerichtliche Einigung hinzuweisen. Allerdings sind die Firmen bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Unternehmern der Luftfahrt, Energieversorger) nicht verpflichtet sich auf Schlichtungsverfahren einzulassen.
Daher müssen die Unternehmen erklären, ob sie grundsätzlich bereit sind, an Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Diese Entscheidung kann pro Schlichtung wieder zurückgenommen werden. Die Kosten für Schlichtungsverfahren trägt grundsätzlich der Unternehmer. Spätestens 90 Tage nach Eingang der vollständigen Beschwerdeakten sollte das Verfahren abgeschlossen sein. Während des Schlichtungsverfahrens wird die Verjährung gehemmt. „Somit können Verbraucher im Anschluss immer noch Klage erheben, wenn es zu keiner Einigung kommt“, informiert Hummel.
Wenn bereits ein Verfahren vor Gericht anhängig ist oder es sich um eine Streitigkeit von übergeordneter Bedeutung handelt, soll keine Schlichtung erfolgen. Vom Schlichtungsverfahren generell ausgeschlossen sind der Gesundheitsbereich, alle arbeitsvertraglichen Streitigkeiten und einige staatliche Dienstleistungen.
Carsharing: Das Bundesverkehrsministerium will das Teilen von Autos in deutschen Städten durch Sonderparkplätze oder kostenfreies Parken weiter voranbringen. Eine gesetzliche Neuregelung, die voraussichtlich am 1. September 2017 in Kraft tritt, wird den Bundesländern die Möglichkeit geben, entsprechende Parkmöglichkeiten für Carsharing-Nutzer einzuräumen. „Ob auch die sächsische Regierung von diesem Gesetz Gebrauch machen wird, bleibt abzuwarten“, sagt Hummel.
Informationen über Nährwerte bei verpackten Lebensmitteln: Bereits seit dem 13. Dezember 2016 müssen auf Verpackungen von Lebensmitteln die Nährwerte angegeben werden. Das gilt auch beim Lebensmittelverkauf übers Internet. Von der Kennzeichnungspflicht gibt es nur wenige Ausnahmen, so zum Beispiel für Kleinverpackungen, deren größte Oberfläche weniger als 25 Quadratzentimeter beträgt und für alle handwerklich hergestellten Lebensmittel, die direkt durch den Hersteller in kleinen Mengen an die Endkunden abgegeben werden.
Folgende Angaben muss die Nährwertkennzeichnung berücksichtigen: Brennwert, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiß und Salzgehalt des Produkts. Die Werte sind auf 100 Gramm oder 100 Milliliter des jeweiligen Lebensmittels zu beziehen. Zusätzliche Angaben pro Portion sind zulässig. Lebensmittel, die noch vor dem 13. Dezember 2016 in Verkehr gebracht und noch nicht gekennzeichnet wurden, dürfen noch verkauft werden, bis die Bestände aufgebraucht sind.
Tafelpapiere ab ins Depot: Tafelpapiere sind Fondsanteile, die der Kunde am Bankschalter, also über die Tafel, in Papierform erworben und bisher selbst aufbewahrt hat. Bankkunden müssen hierfür bis zum 31. Dezember 2016 ein neues Domizil finden. Werden diese Wertpapiere nicht bei einer Bank in Sammelverwahrung gegeben, können sie ab dem 1. Januar 2017 nicht mehr gehandelt werden. Es werden dann auch keine Ausschüttungen mehr geleistet.
Hummel beruhigt: „Verbraucher müssen aber nicht befürchten, dass ihre Anteile über Nacht zum Altpapier werden.“ Wer die Papiere – auch nach dem Jahreswechsel – bei einer Bank einliefert und dort verwahren lässt, verleiht seinen Papieren wieder die Finanz-„Kraft“.
Rekordtief bei Kapitallebens- und Rentenversicherungen: Wer 2017 einen Vertrag abschließen will, der muss sich mit einem Garantiezins von 0,9 % zufrieden geben. Der reduzierte Zins gilt ab dem 1. Januar 2017 auch für alle neuen Abschlüsse von Riester- und Rürup-Policen, in der betrieblichen Altersvorsorge bei Direktversicherungen und bei einigen Pensionskassenverträgen. „Verbraucher mit schon laufenden Verträgen können weiter mit dem Garantiezins rechnen, der ihnen bei Vertragsabschluss zugesagt wurde“, so Hummel.
Roam like home: Ab dem 15. Juni 2017 fallen die Roaming-Gebühren fürs Telefonieren und Surfen im EU-Raum endgültig weg. Eine Ausnahmeregelung kann jedoch für den Fall vorgesehen werden, wenn Verbraucher zweckwidrig und missbräuchlich handeln.
DVB-T2 kommt: Ab 29. März 2017 wird das digitale Fernsehen in vielen Regionen über den neuen Standard DVB-T2 ausgestrahlt. Mit dem neuen Standard ist es möglich, Bilder auch im Antennenfernsehen im hochauflösenden HD-Format zu übertragen. Die neue Qualität kann nur mit einem DVB-T2-kompatiblenen Fernseher oder Receiver empfangen werden. Wer sich nun für die Anschaffung neuer Geräte entscheidet, muss beim Kauf aufpassen, denn noch immer werden Fernseh- und Empfangsgeräte verkauft, mit denen der Empfang von DVB-T2 unmöglich ist.
Auch wenn beispielsweise Fernseher mit DVB-T2 Empfängern verkauft werden, sind diese nicht in jedem Fall für den Empfang in Deutschland geeignet, sondern nur dann wenn sie außerdem über den Kompressionsstandard HEVC verfügen. Wer sicher gehen möchte, dass sein Gerät auch Ende März noch funktioniert, sollte auf das offizielle grüne „DVB-T2 HD“ Logo achten. Bei Geräten, die mit diesen Logo gekennzeichnet sind, kann man sicher sein, dass es für den neuen Standard geeignet ist. Nach der Umstellung Ende März werden in den Ballungsgebieten einige öffentlich-rechtliche Programme noch kurzzeitig parallel ausgestrahlt.
Anschließend wie die derzeitige DVB-T-Übertragung in diesen Gebieten abgeschaltet. Bis Mitte 2019 sollen dann nach und nach weitere Regionen folgen. Auch bei DVB-T2 werden die werbefinanzierten Privatsender HD verschlüsselt ausstrahlen. Für die Freischaltung der rund 20 privaten Sender wie RTL, ProSieben, SAT.1 und VOX verlangt die Firma Freenet-TV ab dem 1. Juni 2017 knapp 70 Euro pro Jahr und Empfangsgerät.
Fußball-Bundesliga im Fernsehen: Wer auch in der Bundesligasaison 2017/18 alle Fußballspiele live im TV verfolgen will, braucht dazu ein zweites kostenpflichtiges Abo. Die Bundesliga wird dann nicht mehr einzig beim Bezahlsender Sky zu sehen sein, sondern auch im Pay-TV-Bereich von Eurosport. Über 40 Bundesliga-Spiele gibt es dann nur noch auf Eurosport 2. Alle anderen Live-Spiele werden aber weiterhin bei Sky gezeigt.
„Ein Sonderkündigungsrecht für verärgerte Sky-Kunden gibt es vermutlich nicht, da die Programmänderungen nur unerheblich sind“, meint Hummel. Je nach Vertragsschluss kommt aber im Regelfall eine ordentliche Kündigung in Betracht.
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