Viele Menschen müssen nicht nur den ihnen von der Bank eingeräumten Dispokredit nutzen, sondern brauchen gelegentlich darüber hinaus weiteres Geld. Banken dulden es regelmäßig, wenn ihre Kunden auf diese Weise Kredit nehmen. Grund dafür ist kein Samariterverhalten, sondern, dass sie an Kunden, die sich in finanzieller Notlage befinden, besonders gut verdienen. Schon die Dispozinsen sind bei vielen Kreditinstituten immer noch sehr hoch und eine ganze Reihe von Banken verlangt für die geduldete Überziehung einen noch höheren Zins. Die Krone der Gier setzten aber diejenigen Geldhäuser auf, die ergänzend noch ein Mindestentgelt einfordern wollten“, erläutert Andrea Heyer, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen.
Diesem Abkassieren hat der Bundesgerichtshof gestern ein Ende gesetzt. Die Verbraucherzentrale Sachsen unterstützt Betroffene mit einem Musterbrief, Rückforderungen anzumelden.
Den beiden Verfahren lagen die Preisklauseln der Deutschen Bank und der Targobank zu Grunde, doch es ist nicht ausgeschlossen, dass auch andere Banken gleichermaßen vorgegangen sind. Die verklagten Institute gehören bei der Höhe der Dispozinsen und dem Zinssatz für geduldete Überziehungen schon zu den teuren Anbietern. So muss ein Kunde mit einem „Komfort-Konto“ bei der Targobank aktuell 12,43 Prozent pro Jahr für den Dispo und sage und schreibe 15,43 Prozent für die geduldete Überziehung zahlen. Dabei fällt die 100 Euro Dispofreigrenze nicht ins Gewicht. Doch sehr hohe Zinsen waren dem Geldhaus nicht genug, zusätzlich wurde für die geduldete Überziehung ein Mindestentgelt in Höhe von 2,95 Euro pro Monat eingeführt. Die Deutsche Bank meinte, diesbezüglich pro Quartal 6,90 Euro fordern zu dürfen. Mathematisch errechnet sich so ein sittenwidrig hoher Zins. Das war den BGH-Richtern eindeutig zu viel.
Nun können Betroffene ihr Geld zurückverlangen. Dabei gilt es die dreijährige Verjährungsfrist zu beachten. „Wer schon 2013 dieses unzulässige Entgelt zahlen musste, sollte deshalb mit der Geltendmachung seines Rückforderungsanspruchs nicht lange warten“, sagt Heyer. Gegebenenfalls zieht die Bank von dem zu erstattenden Mindestbetrag einige Cent der angefallenen Überziehungszinsen ab.
Den verbraucherfreundlichen BGH-Urteilen vom 25. Oktober 2016 XI ZR 9/15 und XI ZR 387/15 war zuvor unterschiedliche Rechtsprechung vorausgegangen. „Dies zeigt einmal mehr, dass man bis zum Schluss kämpfen sollte, auch wenn dafür ein langer Atem benötigt wird“, ermutigt Andrea Heyer Bankkunden auch künftig kritisch auf Entgelte zu achten und die Verbraucherschützer einzuschalten. „Unser Marktwächter Finanzen legt dabei ein besonderes Augenmerk auf Bankdienstleistungen und Konsumentenkredite.“
In eigener Sache – Wir knacken gemeinsam die 250 & kaufen den „Melder“ frei
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