Medienberichten zufolge will die sächsische Staatsregierung ab November anerkannte Geflüchtete zur Wohnsitznahme in demjenigen Landkreis zwingen, in dem ihr Asylverfahren abgeschlossen wurde – und das solange sie staatliche Transferleistungen erhalten. Diese „Wohnsitzauflage“ ist durch das Bundes-Integrationsgesetz möglich geworden.
Dazu und zur heute eingetroffenen Antwort auf ihre Kleine Anfrage 6/5952 zum Thema sagt Juliane Nagel, Sprecherin für Migrations- und Flüchtlingspolitik: Sachsen sollte dieses Instrument nicht gebrauchen. Es ist zweifelhaft, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Es dient aber auch nicht der Integration, Menschen zwangsweise dort anzusiedeln, wo sie für sich keine Perspektive sehen. Wie Einheimische auch ziehen Geflüchtete an Orte, an denen sie auf Arbeit und soziale Kontakte hoffen können. Wer will, dass sich Geflüchtete auch im ländlichen Raum niederlassen, muss dort die Lebensqualität erhöhen – durch eine Wirtschaftsförderung, die Arbeitsplatzangebote schafft, durch Bildungsangebote, akzeptable Mobilitätsstrukturen und anderes mehr. Davon profitiert auch die alteingesessene Bevölkerung.
In Sachsen regiert die CDU seit mehr als 25 Jahren. Die Perspektivlosigkeit mancher ländlicher Regionen im Freistaat ist auch die Folge ihrer Politik. Wer nun versucht, eigenes Versagen mit staatlichen Zwangsmaßnahmen zu überdecken, wird scheitern. Eine Wohnsitzauflage zwingt die mehrheitlich jungen Geflüchteten im Zweifel eher in die wirtschaftliche Illegalität, dazu, sich andernorts mit Gelegenheits- und Schwarzarbeit durchzuschlagen, anstatt um der Transferleistungen willen an Orten zu versauern, an denen sie für sich keine Lebensperspektive sehen. Die Regierungen wären gut beraten, sich mit den sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und anderen Folgen der unausweichlichen Wanderungsbewegungen zu befassen, anstatt sich auf einer Scheinlösung auszuruhen.
Es wäre überdies komplett irrsinnig, die Wohnsitzauflage auch noch rückwirkend zum Jahresbeginn in Kraft zu setzen und bereits abgewanderte Geflüchtete zum Umzug zwingen zu wollen – so als hätte die Staatsverwaltung in Sachsen eine solche Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nötig. Das würde auch Geflüchtete, die sich inzwischen ein Lebensumfeld aufgebaut haben, wieder aus demselben herausreißen. Integrationsfeindlicher geht es nicht.
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