Weibliche Mitglieder der ostdeutschen Wirtschaftsdelegation unter Leitung des sächsischen Wirtschaftsministers Martin Dulig (SPD), die zwischen dem 28. Mai und dem 2. Juni die Islamische Republik Iran bereisten, traten vor Ort mit Kopftuch auf (z. B. Beitrag des MDR-Sachsenspiegel vom 2. Juni) und wurden auch in einer Informationsbroschüre der Deutschen Außenhandelskammern entsprechend präsentiert.
Dies kommentiert Sarah Buddeberg, Sprecherin für Gleichstellungs- und Queerpolitik der Fraktion Die Linke: Es ist selbstverständlich, dass man beim Besuch eines anderen Landes die dortigen Gepflogenheiten respektiert und sich, etwa beim Besuch von Moscheen, dem Anlass entsprechend kleidet. In diesem Fall aber ist die Grenze zur Anbiederung eindeutig überschritten worden. Wenn Frauen, die keinen Bezug zum religiösen Symbol Kopftuch haben, mit einem solchen präsentiert werden, verletzt das nicht nur deren Recht auf Selbstbestimmung und zeugt von wenig Selbstbewusstsein. Es mutet an wie eine Zustimmung zur gesellschaftlichen Stigmatisierung und vielfachen Benachteiligung von Frauen im Iran.
Was wie eine Petitesse wirkt, entfaltet vor dem Hintergrund aufgeregter Diskussionen über das Verhältnis zum Islam eine große Signalwirkung. Die wenig sensible Entscheidung zum Kopftuch-Tragen liefert den Panik-Produzenten von AfD, PEGIDA und Co. Futter. So wird die Nachricht derzeit auf einschlägigen islam- und fremdenfeindlichen Netz-Präsenzen wie ein Lauffeuer verbreitet. Sie hilft den selbsternannten rechten „Kulturkämpfer*innen“, Angst vor „dem Islam“ zu verstärken, die Anhänger*innen dieser Weltreligion pauschal abzuwerten und die Lüge zu verbreiten, es gäbe keinen Islam ohne Fundamentalismus und gewaltsamem Missionierungsauftrag. Das schadet der notwendigen gesellschaftlichen Debatte über kulturelle Einflüsse, die Menschen islamischen Glaubens zu uns bringen.
Dulig sollte der Öffentlichkeit erklären, wie es zum wenig selbstbewussten Entschluss kam, sächsischen nicht-muslimischen Delegationsteilnehmerinnen im Iran ohne Not ein Kopftuch zu verpassen. Die Tatsache, dass nicht alle weiblichen Mitglieder der Delegation so auftraten, zeigt: Es ging auch ohne. Zur Religionsfreiheit gehört die Wahlfreiheit für Frauen, ein Kopftuch zu tragen oder nicht.
Beitrag des MDR-Sachsenspiegel vom 2. Juni
Die Informationsbroschüre der Deutschen Außenhandelskammern
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