Aktien sind ausstellbare Wirtschaftsgeschichte und zugleich Teil unserer Industriekultur. Oftmals aufwendig gestaltet und unter Sicherheitsaspekten hergestellt, sind die historischen Druckerzeugnisse nicht nur beliebte Sammlerstücke und Ausstellungsobjekte, sondern auch Forschungsgegenstand: Im Rahmen der Tagung „Gedrucktes Vertrauen“ am 24. Juni 2016 tauschen sich ausgewiesene Experten zu historischen Wertpapieren als Quelle sowie als Kultur- und Sammlungsgut aus. Die Fachveranstaltung findet im Museum für Druckkunst Leipzig statt, durchgeführt wird sie gemeinsam mit der Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare (VdW) und der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig).
Die Rechtsform der Aktiengesellschaft steht im Industriezeitalter beispielhaft für die Wandlung der vorherrschenden persönlichen Beziehungen von Marktteilnehmern in ein reines Geldverhältnis. Diese Entpersönlichung wirtschaftlicher Abhängigkeitsverhältnisse war ein zentrales Element im allgemeinen Kulturwandel der entstehenden Industriegesellschaften. Wertpapiere und Aktienurkunden waren das „gedruckte Vertrauen“ in diesem System. „Anhand von Aktien lässt sich beispielhaft erforschen, wie jahrhundertealte Sehgewohnheiten und Zeichensprachen in eine neue Ikonographie des Industriezeitalters transformiert wurden. Damit sind diese Druckerzeugnisse Ausdruck unserer Industriekultur“, so Dr. Dirk Schaal, Honorarprofessor für Industriekultur und Wirtschaftsarchive an der HTWK Leipzig. Die Museologen der HTWK Leipzig erforschen aktuell die Bildsprache historischer Wertpapiere und erarbeiten Standards für die Verzeichnung und Verschlagwortung von Bildquellen der Wirtschaft. Die aufwendige Technik und wirtschaftliche Aspekte der Wertpapierherstellung vermittelt derzeit das Museum für Druckkunst in der Sonderausstellung „Gedruckte Werte“ (geöffnet noch bis 14. August 2016).
Leipzig war das Zentrum des Wertpapierdrucks in Deutschland. Das hier gegründete Unternehmen Giesecke & Devrient war auf die Herstellung von Sicherheitspapieren und den Sicherheitsdruck spezialisiert. Es avancierte im 19. Jahrhundert zum weltweit führenden Hersteller von Banknoten und Wertpapieren. Deponiert wurden die Wertpapiere von ihren Inhabern zumeist in Banktresoren. Bis zur Wiedervereinigung lagerten im Tresor der Reichsbank in Ostberlin zahlreiche historische, durch das Wertpapierbereinigungsgesetz von 1949 wertlos gewordene Aktien. Aufgrund ihres kulturellen Wertes haben in den vergangenen Jahren viele Wirtschaftsarchive Stücke aus diesem „Reichsbankschatz“ in ihre Sammlungen übernommen – Anlass für die VdW, die Vereinigung der Wirtschaftsarchivare im deutschsprachigen Raum, sich mit diesem speziellen Sammlungsgut intensiver auseinanderzusetzen.
Die Tagung findet am 24. Juni 2016 von 9:30 bis 16:30 Uhr im Museum für Druckkunst Leipzig, Nonnenstraße 38, 04229 Leipzig, statt und richtet sich an Historiker, Kunst- und Kulturwissenschaftler, Museologen, Sammler sowie Wirtschaftsarchivare. Eine Anmeldung ist noch bis zum 10. Juni unter info@druckkunst-museum.de möglich.
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