Bei der Leipziger Stadtratssitzung am 22.6.2016 wird das Dezernat für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule eine Beschlussvorlage einreichen. Mit der Beschlussvorlage soll eine Veränderung der „Satzung über die Benutzung und die Gebühren in Unterkünften für Wohnungsnotfälle und Asylbewerber sowie andere ausländische Flüchtlinge in Leipzig“ herbeigeführt werden.
Die Stadt Leipzig ist verpflichtet „Asylbewerber sowie andere ausländische Flüchtlinge“, die dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) unterliegen, gebührenfrei in Gemeinschaftsunterkünften oder von der Stadt angemieteten Wohnungen unterzubringen. Wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist, endet die Unterbringungspflicht der Stadt Leipzig. Die asylberechtigten Personen sind angehalten, sich Wohnungen zu suchen. Solange sie keinen Wohnraum finden, bleiben sie in den kommunalen Unterkünften, schlicht und einfach um Wohnungslosigkeit zu verhindern. Mit der Beschlussvorlage sollen Gebühren für die Benutzung dieser Einrichtungen erhoben werden. Diese sollen vom Jobcenter übernommen werden und unterliegt den Kriterien der Kosten der Unterkunft.
Kim Schönberg kritisiert den Vorstoß der Stadt: „Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Anerkannte Geflüchtete sollen in Zukunft für eine faktische Notunterbringung aufkommen, die sie nicht freiwillig gewählt haben. Die Vorlage der Stadt macht deutlich, dass es ein mehrschichtiges Grundsatzproblem gibt: die Organisation von dezentralem Wohnen und die Bereitstellung von preiswertem Wohnraum.“ Anerkannte Geflüchtete unterliegen dem SGB II und sind nicht mehr verpflichtet, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen. Sie können endlich den Weg gehen, selbstbestimmt zu wohnen. In der Realität ist es ihnen wie auch Geflüchteten im Asylverfahren in vielen Fällen nicht möglich, sich ohne Unterstützung Wohnungen zu suchen.
Bisher gibt es nur wenige Angebote, wie einige wenige MitarbeiterInnen in der Stadtverwaltung und die Kontaktstelle Wohnen in freier Trägerschaft, die Unterstützung bieten. Ein weiteres Problem ist der spürbare Mangel an bezahlbarem, sprich KdU-fähigem Wohnraum. Dies betrifft sowohl hier geborene als auch neu angekommene Menschen.
Kim Schönberg weiter: „Die Betroffenen dieser Beschlussvorlage sind faktisch gar nicht frei darin, ihren Wohnort zu wählen. Das Dezernat für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule bezieht diese Realität nicht in die Entscheidung zur Vorlage ein. Es sollen diejenigen eine Art Dienstleistungsgebühren zahlen, die gar nicht selbst entscheiden können, ob sie diese Dienstleistung überhaupt in Anspruch nehmen möchten.
Zwar werden die Gebühren bei Bedürftigen übernommen, doch dies hat zur Folge, dass eben jenen Gebühren aufgebürdet werden, die bereits in einer Gemeinschaftsunterkunft trotz aller widrigen Umstände zu Erwerbsarbeit gekommen sind, mit der sie für sich selbst sorgen können.
Ebenso nachteilig stellt sich die Situation für Familien dar, die Leistungen nach SGB II beziehen: Da die Kosten der Gebühren viel zu hoch für das Jobcenter sind, wird dieses die Familien sicherlich zum Auszug drängen! Zu fordern, dass die Betreffenden dann eben einfach aus den Unterkünften ausziehen sollen, ist ebenso absurd, wie zu hoffen, dass der Auszug schneller geht, wenn durch Gebühren der Druck noch erhöht wird!“
Die Beschlussvorlage wurde unter anderem aus diesen Gründen auch vom Migrantenbeitrat abgelehnt.
Kim Schönberg vom Initiativkreis: Menschen.Würdig.: „Die einzige denkbare Alternative ist in unseren Augen, das selbstbestimmte Wohnen in eigenen Wohnungen für Geflüchtete zu forcieren. Durch Abschaffung von Barrieren in eigenen Wohnraum zu ziehen und die weitere Stärkung von Vereinen und Initiativen, die dies unterstützen. Statt neuer Massenunterkünfte braucht es zudem bezahlbaren Wohnraum für alle in Leipzig lebenden Menschen. Damit können Marginalisierung und Ghettoisierung vorgebeugt und tatsächliche Teilhabe und Inklusion Geflüchteter erreicht werden.“
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