Als vor elf Jahren, am 3. März 2005, Jürgen Zielinskis Inszenierung von „Nathan der Weise“ in Leipzig Premiere feierte, dachte wohl keiner an den langlaufenden Erfolg dieser Inszenierung. Gestern wurde das Stück zum 142. Mal im Theater der Welt gespielt und das Theater konnte zur Abendvorstellung den 20.000. Besucher begrüßen: Max Gläser, 15 Jahre, aus Leipzig.
Aus der Geburtsstadt Lessings schickt Matthias Hanke, der stellvertretende Leiter des Lessing Museum in Kamenz ein Grußwort. Er schreibt: „Dass ‚Nathan der Weise’ häufig auf der Bühne zu erleben ist, liegt an seiner brennenden Aktualität, zweifellos. Doch warum eine Inszenierung wie die am Theater der Jungen Welt in unserer schnelllebigen Zeit über Jahre eine solche Frische und Prägnanz bewahren kann, erklärt sich daraus keineswegs hinreichend. Ähnlich lange Laufzeiten des ‚Nathans’ gab es während der letzten Jahrzehnte nur am Deutschen Theater in Berlin und am Berliner Ensemble. Begeisterungsfähigkeit, Erfahrung, Fingerspitzengefühl sowie die gesunde Mischung von Respektlosigkeit und Demut gegenüber einer Spielvorlage wie der lessingschen gehören zusammen, um eine im besten Sinne moderne Inszenierung zu realisieren, insbesondere für junge Zuschauer. Jürgen Zielinski ist dies gelungen.“ Das TdJW war mit seiner Inszenierung 2006 in Kamenz zu Gast.
Gerade die derzeitigen gesellschaftlichen Stimmungen und unberechenbaren Aktionen und Reaktionen auf Flüchtlingsbewegungen lassen dieses Toleranzdrama aus dem Jahr 1779 einmal mehr brennend wie schmerzhaft aktuell erscheinen. Das lessingsche Jerusalem ist heute näher gerückt. „Wir brauchen Nathan als Figur gerade jetzt, wenn wir den besorgniserregenden zivilisatorischen Umbrüchen in längst vergessen geglaubte Sprachverrohung und intolerante hetzerische Parolen entgegen treten wollen. Aber auch um aus der Vergangenheit zu schöpfen und somit – und dass muss immer das Ziel von Kulturschaffenden sein – Herzensbildung im hier und jetzt zu befördern“, so Jürgen Zielinski, Intendant des Theaters der Jungen Welt und Regisseur der Inszenierung. Bereits 1996 hat Jürgen Zielinski den Stoff im Auftrag des Goethe-Instituts in Karachi/Pakistan mit einheimischen Schauspielern inszeniert.
Dass die Inszenierung nichts an Frische verloren hat, liegt auch den zahlreichen Umbesetzungen, die über die Jahre notwendig geworden sind: In dieser Spielzeit übernimmt Katja Bramm den Part der Daja und Günter Schoßböck spielt den Klosterbruder. Lediglich die Rollen des Nathan (Reinhart Reimann), des Tempelherrn (Martin Klemm) und des Patriarchen (Detlef Vitzthum) wurden in den vielen Jahren nicht umbesetzt. Auch Chris Lopatta als Saladin war bereits zur Premiere dabei.
Weitere Vorstellungen von „Nathan der Weise“ im April
19.04., 19:30 Uhr | 20.04., 11 Uhr und 19:30 Uhr | 21.04., 11 Uhr und 19:30 Uhr
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