Vor dem Hintergrund der heutigen Aussage des Angeklagten Ralf Wohlleben am OLG München und im Hinblick auf die weiter notwendige Aufklärung im Fallkomplex erklärt Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, die auch stellvertretende Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses ist: Wenig überraschend hält sich der Angeklagte für unschuldig im Sinne der Anklage und sieht sich nicht als "Zentralfigur" im Unterstützernetzwerk des NSU. Zu seiner eigenen Rolle sagt er fast nichts, was nicht schon bekannt war. Das ist die gleiche durchsichtige Strategie, die Beate Zschäpe fährt, und ein offenbar genau kalkuliertes Déjà-vu. Das Ergebnis ist alles andere als plausibel.
Kurios ist Wohllebens Behauptung, dass er Gewalt ablehne. Nach meinen Informationen liegen dem Senat jedenfalls recht umfangreiche Kenntnisse vor, die ihn in Verbindung mit Allgemein- und Staatsschutzkriminalität bringen. Befremdlich ist auch, wenn ausgerechnet diese Zentralfigur der Neonaziszene die Rolle der eigenen Ideologie kleinredet, zugleich aber den Prozess als politische Bühne für szeneübliche Propaganda ausschlachtet und sich selbst zum Opfer machen will. Das ist ein unwürdiges Schauspiel – und eine besonders bittere Zumutung für die Angehörigen der Opfer der rassistischen Mordserie. Ihnen gilt mein besonderes Mitgefühl.
Aufhorchen lässt übrigens, dass Wohlleben von Telefonkontakten zum in Chemnitz untergetauchten “Trio” berichtet und behauptet, neben Mundlos und Böhnhardt mit einem ihm angeblich unbekannten Mann gesprochen zu haben. Demnach gab es womöglich nach wie vor unbekannte Helfer. Dem muss intensiv nachgegangen werden. Hier sind auch weiterhin die Untersuchungsausschüsse gefragt, Licht ins Dunkel zu bringen. Solche Aufklärung ist leider von Behörden nicht zu erwarten: Nebenbei erwähnte Wohlleben seine Tätigkeit für das “Freie Netz”. Der sächsische “Verfassungsschutz” hat dagegen stets wider besseres Wissen behauptet, dieses Kameradschafts-Netzwerk sei lediglich eine Internetseite.
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