Erstmals wurde in Leipzig bei einem Baby mit einer lebensgefährlichen Ösophagusatresie die Speiseröhre minimal-invasiv rekonstruiert. Das Neugeborene kam mit einer Fehlbildung der Speiseröhre zur Welt. Die Speiseröhre war unterbrochen. Die obere Hälfte endete in einem sogenannten Blindsack, die untere Hälfte entsprang, vom Magen kommend, aus der Luftröhre. Wird ein Kind mit einer derartigen Fehlbildung geboren, kann nichts vom Mund in den Magen gelangen.
Prof. Dr. Martin Lacher, neuer Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Leipzig, hatte die höchst komplizierte Operation selbst ausgeführt. “Der kleine Henry wog nur 2200 Gramm. Bei einem solch kleinen Kind eine minimal-invasive Ösophagus-OP vorzunehmen – da bewegt man sich schon an der Grenze des Machbaren”, sagt der Kinderchirurg. “Aber die Operation verlief ohne größere Komplikationen. Das Kind kann jetzt völlig normal schlucken und wird völlig normal leben können. Und es wird keine auffällig große Narbe haben.”
Wie Prof. Lacher erläutert, werden die Korrekturen an der Speiseröhre – in diesem Fall das saubere Abtrennen des unteren Teiles von der Luftröhre und das sorgfältige Verbinden mit dem oberen Teil – meist ausgeführt, indem der Brustkorb des Säuglings weiträumig eröffnet wird. Prof. Lacher indes gehört zu den wenigen Spezialisten in Europa, die diese OP minimal-invasiv ausführen können. Beim kleinen Henry erfolgten nur drei kleine Schnitte von etwa drei Millimetern Länge am Brustkorb. Über diese winzigen Zugänge kappte Prof. Lacher – mit Instrumenten, die nicht dicker als Strohhalme sind – die Verbindung von Speiseröhre und Luftröhre und nähte dann mit äußerst feinen Stichen die beiden Teile der Speiseröhre zusammen.
“Das ist eine Arbeit en miniature “, lächelt der Leipziger Kinderchirurg. “Und da müssen jeder Schnitt und jede Naht stimmen.” Nach zehn Tagen zeigte ein Test, dass die nunmehr durchgehende Speiseröhre dicht ist – seitdem bekommt das Kind normal zu essen.
Zum Erfolg des Operateurs und seines Teams kommt natürlich noch die überaus große Freude der Eltern. “Mir ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen”, sagt Maria Seidel und erzählt: Gleich nach der Geburt wurde ihr gesagt, dass etwas nicht stimmt. Am selben Abend wurde der kleine Henry ins Universitätsklinikum verlegt. Am folgenden Tag erfolgte die OP. Vater Matthias stand dabei seinem Jüngsten – die Seidels haben schon zwei Kinder – als unruhig Wartender vor der OP-Tür bei. Mutter Maria war nach der Kaiserschnitt-Geburt noch nicht fit. “Am meisten hat mich aber diese Ungewissheit um mein Kind belastet”, blickt die 31-Jährige zurück. “Jetzt ist alles gut. Henry kann prima schlucken und macht sich gut. Die Mediziner der Uniklinik haben wirklich eine tolle Arbeit geleistet.” Wie nötig dieses Können gebraucht wird, zeigte sich kurze Zeit später, denn in dieser Woche folgte bereits der zweite erfolgreiche Eingriff dieser Art in der UKL-Kinderchirurgie.
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