Am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht 1938 und des gescheiterten Hitlerputsches 1923, hatte LEGIDA einen Aufmarsch über den Innenstadt-Ring geplant. Von der Leipziger Ordnungsbehörde wurde die Veranstaltung auf eine Kundgebung beschränkt. Das Aktionsnetzwerk "Leipzig nimmt Platz" begrüßt die Tatsache, dass der seit Wochen jeden Montag wiederkehrenden Bewegung auch juristische Grenzen aufgezeigt werden. Das Ziel von "Leipzig nimmt Platz" ist jedoch nicht ordnungsrechtliches Handeln sondern der sichtbare und wirksame Protest auf der Straße!
LEGIDA ist eine feindselige, reaktionäre Gruppierung, die sich erkennbar auf faschistische Vordenker bezieht. Es ist nicht hinnehmbar, dass LEGIDA mit einem Aufmarsch an diesem Datum die Möglichkeit erhält, ihr totalitäres Weltbild in unserer Gesellschaft weiter zu festigen. “Am 9. November werden wir den Opfern der NS-Diktatur gedenken, indem wir ihre Spuren sichtbar machen und die Aufmerksamkeit gegen die um sich greifende Geschichtsvergessenheit lenken”, erklärt Friis Neubert den Standpunkt des Aktionsnetzwerks.
Der 9. November steht im Zeichen des Gedenkens an die Opfer des Hitler-Faschismus’. Dazu gehört, die Täter von damals klar zu benennen – aber auch die geistigen Brandstifter von heute. LEGIDA-Protagonisten stellten in der Vergangenheit mehrfach einen positiven Bezug zum Nazi-Regime her. Gezielt eingesetzter Sprachgebrauch und krude Phantasien zur Machtergreifung zeigen eindrücklich die völkisch-nationalistische Ideologie als gemeinsamen Nenner.
Nicht unbeachtet darf dabei die Opferrolle bleiben, der sich LEGIDA gerne verschreibt. Erst Anfang Oktober hatte LEGIDA mit einem “Geist der verstorbenen Frau Rosenzweig” versucht, sich selbst als potenzielles Opfer des Nationalsozialismus neu zu erfinden. Abgesehen von den (zu erwartenden) negativen Kommentaren aus den eigenen Reihen wurde damit nicht nur eine enorme Respektlosigkeit, sondern eine gefährliche Täter-Opfer-Umkehr begangen.
Aus gegebenem Anlass wird es von verschiedenen Initiativen eine Mahnwache an der “Runden Ecke” geben. “Dieser Ort soll so vor der Instrumentalisierung durch die Propaganda einer organisierten Neuen Rechten geschützt werden. Nicht zuletzt ist es ein wesentliches Element im Selbstverständnis des deutschen Neofaschismus, eine verklärte Identifikation mit der ‘Friedlichen Revolution’ von 1989 zu pflegen, mit der persönliches Unrecht zur Allgemeingültigkeit wird”, so Friis Neubert. Das Aktionsnetzwerk stellt klar: Der 9. November 1938 war der Auftakt für die beispiellose Verfolgung und industrielle Ermordung von Menschen – Juden und Jüdinnen, Sinti, Roma, Homosexuellen, körperlich und geistig Benachteiligten, Erwerbslosen, politisch Andersdenkenden und all jenen, die von den Nazis als ‘nicht lebenswert’ eingestuft wurden.
Neubert abschließend: “Wir rufen dazu auf, mit uns zusammen das ‘Stolpersteine Putzen’ um 16 Uhr an 130 Stellen in der gesamten Stadt zu unterstützen.” Ab 17 Uhr startet der Demozug von ‘Legida läuft nicht’ auf dem Augustusplatz vor der Uni und gleichzeitig das Friedensgebet in der Nikolaikirche, an welches sich ein traditioneller Pilgerzug anschließt, der 18 Uhr zur Andacht an das Mahnmal der ehemaligen Synagoge in der Gottschedstraße führt. Für den direkten Gegenprotest in Sicht- und Hörweite der LEGIDA-Kundgebung ist, wie in den Wochen zuvor, ab 18 Uhr eine Versammlung an der Hainspitze angemeldet.
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