Das Projekt "Lebendige Luppe" bezeichnet sich selbst als Mosaikstein für darüber weit hinaus gehendere, notwendige Revitalisierungsmaßnahmen für das geschützte Gebiet der Leipziger Nordwestaue und wird seit seinem Start von Naturschutzverbänden aufmerksam beobachtet. In dem gemeinsamen Positionspapier "Lebendige Burgaue" haben Vereine, Fachleute und Initiativen gemeinsam ihre Vorschläge für die ökologische Zukunft der Burgaue formuliert und das Gespräch mit der Stadtverwaltung gesucht.
Diese ist nicht nur als Naturschutzbehörde verantwortlich für Flora und Fauna und damit für die Umsetzung der Schutzvorschriften für die hier ausgewiesenen FFH-Gebiete, sondern sie ist auch Flächeneigentümerin und, als Stadtforst, auch Flächennutzerin. Damit wären die Voraussetzungen für ein abgestimmtes nachhaltiges Vorgehen zum Schutz der Auwaldnatur also eigentlich ausgesprochen gut, dennoch reagierte die Stadt immer wieder sehr zurückhaltend bis ablehnend auf die Initiativen der Naturschutzverbände, die trotz alledem immer wieder ihre fachlich fundiert erarbeiteten Einwände und Vorschläge in die Debatte einbrachten. So forderten die Verbände beispielsweise, das Projekt “Lebendige Luppe” als solches in seinen Parametern deutlich zu erweitern: Um die notwendigen auentypischen Effekte erzielen zu können, braucht es eine deutlich größere Wassermenge für das geplante Fließgewässer der “Lebendigen Luppe” sowie gelegentliche Ausuferungen, also das Auftreten natürlicher Weise in einer Aue vorkommender Hochwasserereignisse, die hier nun aus ökologischen Gründen in der Burgaue künstlich herbeigeführt werden sollen.
Der Neubau das Nahleauslassbauwerkes wäre die beste und sinnvollste Gelegenheit gewesen, dafür den notwendigen Anschluss an bestehende Fließgewässer zu schaffen. Leider haben sich die Stadtverwaltung, als Eigentümerin des durch den Neubau weiterhin konsequent vom Wasser abgeschnittenen Auengebietes, noch die für das Auslassbauwerk zuständige Landestalsperrenverwaltung (LTV) den fachlichen Argumenten der Naturschützer verweigert. Stattdessen hat die LTV den teuren und aus ökologischer Sicht schädlichen Neubau unbeirrt realisiert, ohne Fragen der Auenökologie zu berücksichtigen, was sich angeboten hätte und in vielerlei Hinsicht sinnvoll gewesen wäre.
Vor diesem Hintergrund blieb den Naturschützern gar nichts anderes übrig, als am Projekt “Lebendige Luppe” in seiner ursprünglichen Form vehement zu kritisiert, dass die Wasserversorgung der “Lebendigen Luppe” aus der Kleinen Luppe realisiert werden sollte. Dafür war ein unnötig teures und im Sinne der Auenrevitalisierung wirkungsloses Fließgewässer geplant, das von der Kleinen Luppe bis zur Burgaue verlaufen sollte. Es sollte dabei beispielsweise die ICE-Strecke unterqueren – ökologisch und bautechnisch wäre das höchst problematisch geworden.
Wie nun bei einem Informationsabend im Naturkundemuseum mitgeteilt wurde, gibt es einige Veränderungen im Projekt “Lebendige Luppe”, wobei man nun endlich auch auf die Anregungen der ehrenamtlichen Fachleute eingeht, freilich ohne das zuzugeben. Offenbar ergaben aber auch die aufwendigen naturwissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Untersuchungen im Rahmen des Projektes, dass die Einwände der Naturschützer fachlich tatsächlich gerechtfertigt sind. Daher ist es zu begrüßen, dass die nunmehr angepassten Projektplanungen jetzt Überschwemmungen in einem kleinen Rahmen vorsehen, grundsätzlich auch mit größeren Wassermengen planen und das Wasser direkt aus der Nahle holen wollen. Damit geht man ein wenn auch noch kleines Stück in die richtige Richtung, denn das Grundproblem der Auenökologie liegt im verfehlten, fachlich längst überholten ausschließlich auf technische Maßnahmen setzenden Hochwasserschutz, der im konkreten Fall mit direkt an Neuer Luppe und Nahle errichteten Deichen das auf Überflutungen angewiesenen Auenökosystem, wie die Burgaue, vor Hochwasser “schützt”.
Nahle und Neue Luppe verursachen außerdem durch ihre viel zu tiefe Lage im Erdprofil eine Entwässerungen der Auwaldnatur und zerstören diesen artenreichen Lebensraum zunehmend. Deshalb müssen Veränderungen an Nahle und Neuer Luppe dringend weiterhin verfolgt werden. Für den Anschluss der “Lebendigen Luppe” ist das nun zumindest bezogen auf die Nahle in der Diskussion. Aber auch die Neue Luppe muss “umgebaut” werden, optimaler Weise bis auf ihre Funktion als Fließrinne im Hochwasserfall (wie im Süden Leipzigs die Elsterflutrinne) ganz still gelegt und das normale Wasser statt dessen durch renaturierte Altläufe durch die Aue geleitet werden, so dass nicht nur der Hochwasserschutz sondern auch das Überleben des Auenökosystems gewährleistet ist. Die Naturschutzverbände bieten der Stadtverwaltung hier ausdrücklich und immer wieder die Zusammenarbeit an, um bei Landesbehörden und Politikern weiter in dieser Richtung voranzukommen.
Der Leipziger Auwald ist ein einzigartiger Lebensraum. Nicht nur die Stadtverwaltung, sondern auch die Landesregierung ist gesetzlich verpflichtet, diesen ökologischen Schatz zu schützen und dafür weit mehr zu unternehmen, als sie bisher getan haben. Dass Staatsbetriebe wie die LTV dem ökologischen Hochwasserschutz und der Auenrevitalisierung Steine in den Weg legen, ist nicht verständlich und unvereinbar mit EU-Naturschutzrichtlinien und Zielvorgaben der Bundesregierung für die deutschen Flussauen.
Aber auch in Leipzig hat der Schutz des Auenökosystems leider nicht die oberste Priorität. So sollen bestimmte Flächen in der Burgaue – zum Beispiel land- oder forstwirtschaftlich genutzte – vor Vernässung geschützt werden, obwohl wiederkehrende Überflutungen den natürlichen Standortbedingungen entsprechen würden und somit eigentlich stattzufinden haben. Das Projekt “Lebendige Luppe” soll deshalb leider entsprechend begrenzt werden, verspricht aber, dass weitere Maßnahmen dadurch in Zukunft zumindest nicht verhindert werden würden.
Aus Sicht der Naturschutzverbände sind solche Maßnahmen allerdings nicht erst in ferner Zukunft, sondern zeitnah und zwingend erforderlich, zumindest muss der weitere Fahrplan für die Auenrevitalisierung so schnell wie möglich unter Einbezug aller Beteiligten ausgearbeitet werden. Das kann nur gelingen, wenn ehrenamtliche Fachleute, Stadtverwaltung und Landesbehörden im besten Fall an einem Strang ziehen! Die Grundlagen und Konzepte dafür gibt es, beispielsweise den FFH-Managementplan, dem die zuständigen Behörden eigentlich verpflichtet sind… Ein Großes Naturschutzprojekt, wie es AULA mit der Idee “Das Grüne Band entlang der Weißen Elster” als sächsiches Vorzeigeprojekt für eine zukunftsweisende Zusammenarbeit von Naturschutz, integriertem Hochwasserschutz und nachhaltig sanftem Tourismus in die Debatte eingebracht hat, wäre dafür ein passender Rahmen.
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