An vielen Orten protestieren Geflüchtete auch in Sachsen gegen Zustände in den Erstaufnahme-Einrichtungen. Gleichzeitig bekundete der Sächsische Ausländerbeauftragte Geert Mackenroth am Dienstag, den von seinem Vorgänger ins Leben gerufenen "Heim-TÜV" ad acta zu legen. Dazu sagt Juliane Nagel, Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag: Gerade vor dem Hintergrund der sich immer weiter verschlechternden Unterbringungsbedingungen in den Erstaufnahme-Interims ist die Botschaft des Sächsischen Ausländerbeauftragten ein falsches Zeichen.
Es kann nicht angehen, dass menschenrechtliche Standards für Menschen, die zumeist traumatisiert und nach einer langen Flucht in Deutschland und dann in Sachsen ankommen, unter den Tisch fallen. Die geflüchteten Menschen sind keine Verschiebemasse, die in Zeltlagern, Baumärkten, Turn- oder Messehallen “geparkt” werden können.
In Leipzig protestieren Geflüchtete aus der Messehalle 4 seit Mittwochmittag unter anderem gegen die schlechten Unterbringungsbedingungen. Sie berichten von einem Mangel an sanitären Einrichtungen, medizinischer Versorgung und Verpflegung. Schutzbedürftige Personen – beispielsweise minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, Frauen mit Kindern oder Kranke – verbleiben in vielen Fällen in den Massenunterkünften. Schutz- und Rückzugsräume gibt es nicht.
Besonders problematisch ist, dass sich die Wartezeiten im Asylverfahren derzeit extrem verlängern und die Betroffenen in Unkenntnis über den Fortgang ihres Verfahrens bleiben und weder Informationen noch Hilfestellungen bekommen. Das aktuelle Procedere verstößt gegen die Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinien, die spätestens zum 20. Juli 2015 auch in Deutschland hätten umgesetzt werden müssen. Demnach muss den Antragstellern innerhalb von drei Tagen nach dem gestellten Antrag “eine Bescheinigung ausgehändigt, die auf ihren Namen ausgestellt ist und ihren Rechtsstatus als Antragsteller bestätigt oder bescheinigt, dass sich die betreffende Person im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhalten darf, solange ihr Antrag zur Entscheidung anhängt”. In der Realität bekommen viele Geflüchtete in den Aufnahme-Interims provisorische Papiere ausgehändigt, die ihnen keinerlei Rechtssicherheit geben.
Auch ich habe mich von den Bedingungen in Erstaufnahme-Einrichtungen in Sachsen überzeugen und die Problemlagen von Geflüchteten in Gesprächen in Erfahrung bringen können. Unter anderem bei Besuchen an der Messehalle 4 in Leipzig, wo zirka 150 Geflüchtete heute protestieren, oder in Böhlen, wo ein durchs Raster der Behörden gefallener Geflüchteter seit nunmehr 16 Tagen im Hungerstreik ist. Bei allem Druck, der auf den zuständigen Behörden bezüglich der reinen Unterbringung von Geflüchteten liegt, muss klar sein, dass die Menschenwürde nicht relativiert und auf internationaler und Ebene vereinbarte Standards nicht verletzt werden dürfen. Seinen Blick darauf zu richten stünde dem Sächsischen Ausländerbeauftragten gut zu Gesicht.
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