BUND und NABU Sachsen verurteilen die Erlaubnis zum offenen Ausstreuen des Mäusegiftes Chlorphacinon auf landwirtschaftlichen Flächen. Die Anwendung des auch für Vögel und alle Säugetiere einschließlich des Menschen lebensgefährlichen Wirkstoffs wurde vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zum 1. September 2015 genehmigt.
“Das BVL muss die Sonderzulassung für das Mäusegift sofort zurückziehen”, fordert Prof. Dr. Felix Ekardt, Landesvorsitzender des BUND Sachsen, “denn das Gift Chlorphacinon ist seit Jahren in der gesamten EU wegen der Gefahren für Tiere und den Naturhaushalt verboten. Es ist nicht zu verhindern, dass bei der offenen Ausbringung des Wirkstoffes nur Feldmäuse vergiftet werden. Auch geschützte Tierarten wie Feldhamster oder Greifvögel sind betroffen. Feldhamster nehmen das Ködergranulat unmittelbar als Nahrung auf. Greifvögel wie der Rotmilan vergiften sich indirekt, wenn sie vergiftete Feldmäuse erbeuten.”
Bereits die Zustimmung der Behörden zur Anwendung der Giftköder auf Hamsterflächen oder auf Flächen, welche Greifvögel zur Nahrungssuche nutzen, führt nach Einschätzung der beiden Naturschutzvereine zu einem Verstoß gegen artenschutzrechtliche Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes und gegen europäisches Naturschutzrecht.
Der Wirkstoff Chlorphacinon ist in der EU seit 2007 wegen seiner hohen Toxizität verboten. Wegen des hohen Feldmausaufkommens haben aber die Bundesländer Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eine sog. Notfallzulassung beim BVL beantragt. Bereits in den Jahren 2012 und 2013 sei vom BVL eine Notfallzulassung für den Wirkstoff erteilt worden. Begründet wird die Maßnahme mit möglichen Ernteausfällen.
Gleichzeitig aber bleibt der Freistaat Sachsen weiter untätig, wenn es beispielsweise darum geht, die Ernteausfälle infolge des Klimawandels zu begrenzen, indem beispielsweise Maßnahmen ergriffen werden, den CO2-Ausstoss pro Kopf zu begrenzen. Nach Angaben landwirtschaftlicher Fachbehörden lassen sich mit mechanischen Maßnahmen zur Bekämpfung hoher Feldmausdichten mit Pflug oder Grubber Wirkungsgrade von rund 80 % erzielen.
“Offenbar wird jetzt der Notfall zum Regelfall”, sagt Bernd Heinitz, Landesvorsitzender des NABU Sachsen. “Es ist fraglich, ob die wiederholte Anwendung einer Ausnahmeregelung zur Bekämpfung regelmäßig wiederkehrender hoher Feldmausdichten gesetzlich zulässig ist. Wir erwarten von der Politik, dass sie hier andere Instrumentarien entwickelt als das Streuen von für Tiere und Menschen lebensgefährlichen Giftgranulats auf landwirtschaftlichen Flächen. Das ist letztlich unverantwortlich.”
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