Zur Ankündigung des sächsischen Ministerpräsidenten, faktisch spezielle Abschiebe-Camps für Flüchtlinge bestimmter Herkunftsländer in Sachsen einzuführen, erklärt Juliane Nagel, Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik: Herr Tillich bedient ohne Rücksicht auf Fakten die Mär von einer Masse von Ankömmlingen ohne triftigen Asylgrund.
Die Tatsachen: Nach Recherchen von Pro Asyl liegen in anderen europäischen Ländern die Schutzquoten für Asylsuchende aus dem Kosovo bei um die 40 Prozent (Schweiz, Finnland) und bei Antragstellern aus Serbien bei 37 Prozent (Schweiz), im Fall von bosnischen Antragstellern bei circa 20 Prozent (Frankreich und Belgien) und bezüglich albanischer Asylsuchender bei 18 Prozent (Großbritannien). Besonders Sinti und Roma würden im westlichen Balkan unter Diskriminierung und Verfolgung leiden.
Daraus schlussfolgert Pro Asyl: “Wenn etwa Roma keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, zu Bildung, zu medizinischer Versorgung haben, ihre Siedlungen zwangsgeräumt werden und dies alles im Zusammenwirken massive Folgen hat, dann kann dies kumulative Verfolgung im Sinne des Asylrechts darstellen.” Zynisch könnte man kommentieren: Das Asyl-Zeltlager in Dresden ist der Versuch der Staatsregierung, die Geflüchteten genau wieder solchen Verhältnissen nahezubringen, um sie gewissermaßen, egal welcher Herkunft sie sind, in die Flucht zu schlagen.
Die Aufgabe von Herrn Tillich besteht darin, in Sachsen allen hier lebenden Menschen menschenwürdige Lebensverhältnisse zu gewährleisten. Dabei scheitert er gerade im Umgang mit Asylsuchenden kläglich. Seinen Vorstoß zu Abschiebe-Camps weisen wir als durchsichtiges Ablenkungsmanöver zurück. Es darf keine 2-Klassen-Flüchtlinge geben. Menschen aus den sogenannten Westbalkan-Staaten müssen den gleichen Zugang zum Asylverfahren und menschenwürdige Aufnahmebedingungen vorfinden. Die niedrige Anerkennungsquote für die Betroffenen wird durch falsche, antihumane Asylgesetze verursacht.
Dass Sachsen mit der Ankündigung von Stanislaw Tillich als erstes Bundesland einem Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer folgt, ist bezeichnend.
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