Am 20.05.2015 wurde ein junger Mann aus Tunesien in einer Nacht- und Nebelaktion aus Zwickau nach Italien abgeschoben. Zurück bleibt seine 18-jährige Freundin, die im August das gemeinsame Kind erwartet. Sie ist traumatisiert, insbesondere beim Anblick der Fotos ihres Partners, die ihn in Italien in Schlafanzug und Hausschuhen - so wie er in Zwickau aus dem Schlaf gerissen wurde - zeigen.

Dazu erklärt Juliane Nagel, Sprecherin für Migrations- und Flüchtlingspolitik der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag: “Wie im Fall der syrisch-kurdischen Familie Merjan mit schwangerer Mutter, deren Abschiebung aus Stollberg nach Bulgarien im Mai versucht wurde, zeigt sich auch am aktuellen Fall die äußerste Härte der sächsischen Behörden. Das christliche Selbstverständnis der regierenden CDU ist angesichts dieser Fälle keinen Heller wert. Lapidar teilt die Landesdirektion auf Medienanfrage mit, dass die örtliche Ausländerbehörde des Landkreises Zwickau in der vorliegenden vorgeburtlichen Vaterschaftsanerkennung kein Abschiebehindernis gesehen hat.

Diese restriktive Auslegung ist für die sächsischen Behörden typisch. Es wird ohne Rücksicht allein dem Diktum “Abschiebung” gefolgt. Dies kommt nicht von ungefähr, wird es doch vom Innenminister und der Mehrheitspartei CDU gebetsmühlenartig wiederholt. Im Fall der jungen werdenden Mutter und ihres Freundes aus Zwickau hätte für den werdenden Vater eine Duldung ausgesprochen werden können. Es ist nachgewiesen, dass Stresszustände der Mutter, wie sie durch die Abschiebung ausgelöst wurden, Auswirkungen auf das ungeborene Kind haben. Lebt die schwangere Mutter in Lebenssituationen mit Angst, starker psychischer Anspannung und erheblichen körperlichen Belastungen, wirkt sich dies mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auch auf die seelische Befindlichkeit des ungeborenen Kindes aus.

Vor diesem Hintergrund hätte die Ausländerbehörde die Bereitschaft des Vaters, sich um die schwangere Frau und das ungeborene Kind zu kümmern, prüfen und daraus folgend die Abschiebung nach Artikel 6 Grundgesetz (Grundrecht auf Familienschutz) und Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) aussetzen können. Die Linksfraktion fordert eine Entschuldigung bei den Betroffenen und eine Revision der Entscheidung – dies stünde insbesondere einer CDU, die sich immer wieder auch für das Wohl von Ungeborenen stark macht, mehr als gut zu Gesicht.

Die zuständigen Behörden haben unverzüglich dafür zu sorgen, dass der Vater zurück nach Deutschland kommt und die Familie die im August anstehende Geburt des Kindes gemeinsam erleben kann. Darüber hinaus wird sich die Fraktion parlamentarisch für eine weniger restriktive Auslegung von aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen durch sächsische Behörden einsetzen.”

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