Sachsen will offenbar Millionen in ein gemeinsames Rechen- und Dienstleistungszentrum für polizeiliche Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) mit den Ländern Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin investieren. Dies geht aus dem Entwurf des Haushaltsplan 2015/2016 hervor. Dort finden sich Zuschüsse für Verwaltungs- und Investitionskosten zur Errichtung eines sog. Kompetenzzentrums in Höhe von 4,21 Mio. Euro.
Dazu erklärt Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag: “Für dieses ominöse Kompetenzzentrum, das in der Form einer Anstalt öffentlichen Rechts geführt werden soll, fehlt derzeit jegliche gesetzliche Grundlage. Weder wurde dem Landtag ein dazu erforderlicher Staatsvertrag oder ein Errichtungsgesetz vorgelegt, noch wurde den Abgeordneten bisher überhaupt mitgeteilt, dass die Errichtung eines solchen Zentrums geplant ist. Dass dafür gleichwohl mehrere Millionen Euro eingestellt und gebunden werden, ist eine Düpierung des Gesetzgebers. Die Abgeordneten des Landtages sollen hier Geld für ein Projekt beschließen, ohne dessen konkreten Inhalt oder gar das erforderliche Gesetz zu kennen.”
“Wir haben massive Datenschutzbedenken bei diesem Vorhaben. Ich fordere Innenminister Markus Ulbig auf, den Landtag und die Öffentlichkeit umgehend über das geplante Projekt zu informieren. Die Beschreibung des Vorhabens lässt nichts Gutes erahnen. Sollen in dem Kompetenzzentrum neben der eigentlichen TKÜ auch verschlüsselte Daten entschlüsselt und ausgespäht werden? Inwieweit kann die sächsische Polizei dort auf Daten zugreifen, die in den Nachbar-Bundesländern auf der Grundlage anderer Polizeibefugnisse erhoben wurden? Auf welcher Grundlage soll diese Datenverarbeitung erfolgen?”
Der Abgeordnete Lippmann hat dazu eine Kleine Anfrage eingereicht.
Hintergrund: Anstalten des öffentlichen Rechts können nur per Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes errichtet werden. Ein Beispiel für ein solches Errichtungsgesetz ist das Gesetz über die Errichtung einer Sächsischen Anstalt für kommunale Datenverarbeitung.
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