Wie der aktuellen Presseberichterstattung zu entnehmen ist, wurde aufgrund des Engagements der Initiative „Willkommen im Kiez“ durch das Leipziger Sozialamt eine Mietvertragsvorlage für das Wohnen in Wohngemeinschaften ausgearbeitet. Dazu erklärt Kim Schönberg vom Initiativkreis: Menschen.Würdig.: „Wir freuen uns sehr, dass das gemeinsame Wohnen von Menschen ohne Flüchtlingsstatus und Geflüchteten in Wohngemeinschaften nun endlich ermöglicht wird!
Lange Zeit gab es dazu aus dem Sozialamt eher ablehnende Positionen und Einzelfälle mussten, auch rechtlich, erkämpft werden. Leider wurden bei der Erarbeitung der Vertragsvorlage die Aktiven aus den Stadtteilen wie „Willkommen im Kiez“ und „Willkommen im Osten“ weder eingebunden noch direkt informiert.“ Gemeinsam mit dem Initiativkreis arbeiten diese Gruppen an einem WG-Vermittlungsmodell nach dem Beispiel von Lübeck.
Das Beispiel Wohngemeinschaften zeigt, dass Alternativen zur Unterbringung in einer Massenunterkunft und zum Ausbau der Asylunterkunft in der Torgauer Straße schon lange auf dem Tisch liegen, aber von der Stadtverwaltung nicht als Potential gesehen werden. Alternativen sind außerdem:
1. Eine verstärkte Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen. Allein die Leipziger Wohnungsbaugenossenschaften haben einen Leerstand von mehr als 3.000 marktfähigen Wohnungen und haben die Bereitschaft signalisiert, weitere Asylsuchende in ihrem Bestand unterzubringen. Dafür sollte die dezentralisierte soziale Betreuung ausgebaut werden, um so Geflüchtete, wenn sie es wünschen, zu unterstützen.
2. Die Antragsstellung zur dezentralen Unterbringung muss deutlich vereinfacht und beschleunigt werden. Vor allem die Praxis der sogenannten Bescheinigung der Wohnfähigkeit bedarf einer dringenden Überprüfung.
3. Es braucht mehr professionelles Personal für die Vermittlung von Wohnungen an Geflüchtete! Aufgrund von Sprachbarrieren, aber auch vorhandener Vorurteile bei einzelnen Vermieter_innen haben Geflüchtete immer wieder Probleme bei der Suche nach eigenen Wohnungen. Kommunen wie Lübeck zeigen, dass es problemlos möglich ist.
4. Die Stadt prüft derzeit 10 Objekte, die aussichtsreich eine kleinteilige Gemeinschaftsunterkunft werden könnten – bei weiteren 12 Objekten ist die Prüfung noch nicht abgeschlossen. Einzelne Objekte sind aus dem Prüfverfahren des Sozialamtes herausgefallen, da sie angeblich zu nah an einer anderen kleinteiligen Gemeinschaftsunterkunft gelegen sind – im Übrigen liegt mindestens eine dieser ausgeschlossenen Objekte im migrantenfreundlichen Leipziger Westen, wo es eine aktive Nachbarschaft gibt. Die Prüfverfahren müssen dringend beschleunigt und die Kriterien des Sozialamtes transparent gemacht werden!
Dazu Kim Schönberg: „All diese Alternativen wurden von der Stadtverwaltung nicht hinreichend geprüft oder nicht beachtet. Stattdessen wird der Ausbau der Torgauer Straße damit begründet, dass die zusätzlichen 120 Plätze dringend benötigt werden, da sonst die Geflüchteten in Zelten untergebracht werden müssten. Dabei wird verschleiert, dass der Ausbau anderthalb Jahre dauert und erst dann die zusätzlichen Plätze zur Verfügung stünden.”
Dabei ist selbst unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten klar, dass die Torgauer Straße nicht zu vertreten ist. Schon jetzt übersteigen die Kosten für die dortige Unterbringung den KdU-Satz von 328 Euro monatlich. Die Investitionen von fast 6 Mio. Euro müssten zusätzlich abgeschrieben werden.
Kim Schönberg sagt dazu: “Die Stadtverwaltung will 6 Mio. Euro in ein Konzept investieren, was schon heute teurer ist, als die Unterbringung in Wohnungen oder WGs, welche sich die Geflüchteten selbst aussuchen könnten. Mit diesem Geld könnten etliche Stellen zur sozialen Begleitung und Sprachvermittlung dauerhaft finanziert werden.”
Nur ein Runder Tisch, der alle Akteure — Oberbürgermeister, Sozialbürgermeister, Sozialamt, LWB, Genossenschaften, Private Immobilienanbieter_innen, Wohlfahrtsverbände, Flüchtlingsinitiativen, Vereine und Geflüchtete — und deren Ideen zusammenbringt, kann hier Abhilfe schaffen. “Was bei der Diskussion deutlich wird: Es geht hier nicht um eine bloße verwaltungstechnische Angelegenheit. Dieser Runde Tisch muss ein politisches Gremium sein, das zum Ziel hat die Lebensbedingungen von Geflüchteten in Leipzig zu verbessern! Die Stadtverwaltung muss endlich die zahlreichen Akteure, die auf diesem Gebiet aktiv sind, auf Augenhöhe einbeziehen.
Wir appellieren an die Stadträtinnen und Stadträte dem Ausbau der Torgauer Straße am Mittwoch nicht zuzustimmen und stattdessen gemeinsam an alternativen, menschenwürdigen Wohnformen zu arbeiten.“
Am Mittwoch wird die Initiative „Willkommen im Kiez“ ihren Offenen Brief und der Initiativkreis: Menschen.Würdig. die mehr als 3.500 Unterschriften der Petition „Für selbstbestimmtes Wohnen: Stoppt die größte Massenunterkunft für Asylsuchende“ https://www.openpetition.de/petition/online/stoppt-die-groesste-kommunale-massenunterkunft-fuer-asylsuchende-sachsens in der Sitzungspause der Stadtratssitzung um 16:30 Uhr dem Oberbürgermeister übergeben. Im Anschluss rufen die Initiativen zum Besuch der Stadtratssitzung auf.
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