Am 25.02.2015 soll im Leipziger Stadtrat der Ausbau der Asylunterkunft in der Torgauer Straße 290 beschlossen werden. Das vom Leipziger Oberbürgermeister in der Vergangenheit als menschenunwürdige Unterkunft bezeichnete Heim soll nun zur größten kommunalen Massenunterkunft in Sachsen ausgebaut werden. Das Heim, welches nicht nur aufgrund seines baulichen Zustands, sondern im speziellen wegen seiner Isoliertheit und Größe in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand breiter Kritik wurde, stellt die Stadtverwaltung dabei als alternativlos dar.
Die Leipziger Sozialamtsleiterin lässt sich in der Leipziger Internetzeitung vom 05.02.2015 sogar mit den Worten zitieren: ‚Die Alternativen wären Container oder Zelte.’ Noch bei der Übergabe der Petition des Initiativkreis: Menschen.Würdig (IKMW) gegen den Ausbau der Torgauer Straße signalisierte der Oberbürgermeister Burkhard Jung den Vertreter_innen des IKMW Gesprächsbereitschaft, wenn sie Alternativen zur Massenunterkunft aufzeigen können. Tatsächlich hat der IKMW den Oberbürgermeister beim Wort genommen und ist seitdem auf der Suche nach Wohnungen, Gebäuden oder schlicht Ideen zu alternativen Unterbringungsmöglichkeiten.
Dazu erklärt Kim Schönberg vom IKMW: „Bei unserer Suche kamen uns erhebliche Zweifel an der Alternativlosigkeit der Unterbringung von Asylsuchenden in der Massenunterkunft Torgauer Straße! So behauptet die Stadt zum Beispiel, dass Geflüchtete und Asylsuchende nicht in Genossenschaftswohnungen untergebracht werden könnten. Von Akteuren der Leipziger Genossenschaften gibt es aber durchaus Bereitschaft, Geflüchtete und Asylsuchende unterzubringen.”
So hat etwa die WBG Kontakt dem IKMW ein deutliches Signal gegeben, dass sie auch künftig Wohnraum für Asylsuchende zur Verfügung stellen und damit an der Suche nach einer Alternative für die Torgauer Str. mitwirken will.
“Unsere Mitgliedsgenossenschaften stehen der Aufnahme von Flüchtlingen überwiegend sehr offen gegenüber”, so auch Sven Winkler vom Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften. Zweifel an der Alternativlosigkeit von Massenunterkünften äußerten auch 200 Führungskräfte der mitteldeutschen Immobilienwirtschaft auf dem 13. Mitteldeutschen Immobilienkongress: “Die mitteldeutsche Wohnungswirtschaft will hier keine Lippenbekenntnisse mehr. Denn allein schafft sie es nicht, größere Gruppen von Asylbewerbern ohne hohe Reibungsverluste zu integrieren. Massenunterkünfte sind hier die schlechteste aller Lösungen.”
Darüber hinaus steht der IKMW mit einer Vielzahl von gemeinnützigen Hausprojekten in Kontakt, die ihre Strukturen für die individuelle Unterbringung von Einzelpersonen öffnen wollen.
Vor dem Hintergrund dieser unausgeschöpften Alternativen ist es Schönberg nicht verständlich, warum die Stadt immer wieder auf das aus der Wohnungslosenhilfe kommende und veraltete Konzept ‚Ankommen und orientieren’ verweist, indem sie Asylsuchende zuerst in eine Sammelunterkunft unterbringt. „Integrationspolitisch ist dieses Konzept sogar fahrlässig, weil es Asylsuchende und Geflüchtete isoliert, anstatt sie zu unseren Nachbar_innen zu machen und sie willkommen zu heißen“, so Schönberg weiter. “Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die umfassende Grundsanierung der Torgauer Straße und eine zeitnahe Aufnahme von vielen Geflüchteten sich durchaus widersprechen.”
„Wir haben das Gerede von der Alternativlosigkeit der Asylunterkunft in der Torgauer Straße 290 und die Drohgebärden der Stadtverwaltung, dass ohne den Ausbau Asylsuchende zukünftig in Zelten leben müssten, einfach satt! Wir nehmen den Herrn Jung beim Wort und fordern stattdessen eine politische Lösung und die Gründung eines Runden Tisches mit der Aufgabe konkrete dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten zu sondieren und zu quantifizieren. Teilnehmer_innen dieses Runden Tisches sollten sein: Der Oberbürgermeister, der Sozialbürgermeister, Vertreter_innen von Leipziger Wohnungsgenossenschaften, der LWB, des freien Immobilienmarktes, des Haus- und Wagenrats, der Wohlfahrtsverbände, des Migrantenbeirats und von Flüchtlingsvereinen und –initiativen, sowie Refugees”, so Kim Schönberg abschließend.
Die Petition des IMKW „Für selbstbestimmtes Wohnen: Stoppt die größte kommunale Massenunterkunft für Asylsuchende Sachsens!“ wird mittlerweile von über 3100 Menschen unterstützt.
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