Am 2. Dezember 2014 wurde in der neuen Universitätskirche St. Pauli die Grundsteinlegung für den Paulineraltar vollzogen. Zu den skandalösen Umständen des Festaktes nehmen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner wie folgt Stellung: Eine Altargrundsteinlegung ist ein gottesdienstlich-liturgischer Akt und damit ein öffentlicher Vorgang. Mit der Entscheidung, nur geladene Gäste zur Altargrundsteinlegung zuzulassen, hat Frau Rektorin Beate Schücking sich über diesen Grundsatz hinweggesetzt.

Darüber hinaus hat sie längst bestehende Absprachen (vgl. die Pressemitteilung 2009/139 der Universität Leipzig vom 28. Mai 2009) missachtet. In unseren Augen ist dieses Verhalten eine unzulässige Anmaßung und ein Verstoß gegen geltendes Recht, denn gottesdienstliche Handlungen müssen grundsätzlich öffentlich zugänglich sein.

Weil die Universitätsleitung im Vorfeld der Altargrundsteinlegung zu keinem Kompromiss bereit war, kam es zum Aufruf der Stiftung “Universitätskirche St. Pauli”, des Paulinervereins und von weiteren Bürgerinnen und Bürgern an die Bevölkerung, dennoch an der Grundsteinlegung teilzunehmen. Weit über 100 Bürgerinnen und Bürger sind dem Aufruf gefolgt und fanden sich im Foyer des Augusteums ein. Ihnen wurde auf Anweisung von Rektorin Schücking der Zutritt zur Universitätskirche verweigert – obwohl ausreichend Platz im Altarraum der Universitätskirche vorhanden war. Bei vielen der nicht Eingelassenen handelte es sich um Personen, die nicht nur die Sprengung der Universitätskirche 1968 miterlebt hatten, Nachteile ihrer aufrechten Haltung in der ehemaligen DDR auf sich genommen haben und 1989 an der Friedlichen Revolution beteiligt waren, sondern auch Persönlichkeiten, denen die Universität die Erhaltung des Altars überhaupt erst verdankt und ohne deren Engagement es keine neue Universitätskirche geben würde. Wir betonen: Die Universität Leipzig ist eine öffentliche Einrichtung, finanziert von den Steuergeldern der Staatsbürger, mitgetragen vom Engagement ehrenamtlicher Förderer. Sie ist keine Privatuniversität, die sich nach dem Gutdünken der Leitung abkapseln kann.

Dass am Dienstag der erste Universitätsprediger, als Pfarrer den Talar tragend, die Ausgesperrten zum stillen Gebet aufforderte, anstatt sich öffentlich für deren Teilnahme an einer gottesdienstlichen Handlung einzusetzen, empfinden wir als unangemessen. Er hätte es in der Hand gehabt, die Fortsetzung der Grundsteinlegung an den Einlass der Wartenden zu binden. Dieses Verhalten lässt leider darauf schließen, dass einige Professoren kein Gespür dafür aufbringen können, was in den Menschen vor sich ging, die ausgeschlossen wurden. Sie fühlten sich genau an die Vorgänge erinnert, unter denen sie vor 1989 gelitten haben. Außerdem haben die Vorgänge die Sorge genährt, dass die Universität Leipzig sich von der Geschichte der Universitätskirche St. Pauli verabschieden und die neue Universitätskirche ihres geistlichen Charakters entledigen will.

Welch ein Geist der Angst muss die Rektorin beherrschen, dass sie am Dienstag unfähig war, auf diese unwürdige Demonstration der Macht zu verzichten. Von welcher Angst müssen die Vertreter der Theologischen Fakultät geleitet gewesen sein, dass sie sich dieser Geste der Macht unterworfen und gegen die ausgesperrten Menschen entschieden haben. Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass dieser Geist von Arroganz, Macht und Angst überwunden werden kann und sich die Verantwortlichen angesichts des Geschehenen dem offenen, streitigen Diskurs mit den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Leipzig stellen werden.

Die Pressemitteilung 2009/139 der Universität Leipzig vom 28. Mai 2009:
www.stiftung-universitaetskirche.de/deutsch/2009_05_28_presseinformation_der_universitaet_zur_altargrundsteinlegung_und_kanzelrestaurierung.pdf

Leipzig, im Dezember 2014

Uwe Clauß, Diplom-Theologe
Angela Petzold
Kammersänger Martin Petzold
Britta Taddiken, Pfarrerin an der Thomaskirche
Stephan Bickhardt, Pfarrer
Peter Roy, Vorsitzender des Thomanerbunds
Dorothea Frey
Jutta Michael, Pfarrerin
Alexander Hohnert
Sascha Hille
Thomas Fritzsch, Gambist
Berit Abraham
Udo Portner
Hedwig Portner
Martina Gerhardt
Sylvia Richard
Wilfried Richard
Peter Krumbiegel
Cornelia Krumbiegel
Christian Wolff, Pfarrer i.R.
Thomas Werner, Geschäftsführer
Roswitha Merzbach
Peter Merzbach
Gotthold Schwarz, Sänger
Gunther Weißgerber

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