Das Frankfurter Finanzamt hat der globalisierungskritischen Organisation Attac, mit Vereinssitz in Frankfurt, die Gemeinnützigkeit entzogen. Das Netzwerk des Vereins umfasst bundesweit knapp 30.000 Mitglieder und ist seit 2000 in Deutschland aktiv. 2001 gründete sich eine örtliche Gruppe in Leipzig und beteiligt sich seitdem aktiv am gesellschaftlichen Leben zum Wohle der Leipziger Bürgerinnen und Bürger.

Das Amt ist der Ansicht, dass Attac sich politisch zu sehr einmischt, – mehr als die Abgabenordnung es erlaubt. Es klingt unglaublich: Unser Einsatz für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer oder eine gerechtere Vermögensverteilung soll nicht mehr gemeinnützig sein?

Wir halten dem entgegen: Politische Bildung führt zu politischer Meinungsbildung, diese führt im besten Fall zu politischem Engagement – mit realen Auswirkungen. Wir nehmen unseren Anspruch als Bildungsbewegung ernst und sehen es als Erfolg unserer Arbeit, wenn viele Menschen sich politisch einmischen. Demokratie ist keine graue Theorie, sondern gelebte Praxis! Viel mehr noch: Es ist sogar die definierte Aufgabe von Organisationen wie Attac, politische Entscheidungsprozesse aktiv zu begleiten. Dieses Verständnis der Arbeit gemeinnütziger Vereine als Teil der Zivilgesellschaft ist ein breit getragener gesellschaftlicher Konsens. Der Entzug der Gemeinnützigkeit sorgt seit seinem Bekanntwerden bei vielen Menschen für Empörung.

Attac, die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, ist eine skandalöse Fehltentscheidung gegen die demokratische Kultur in Deutschland. Die Gemeinnützigkeit von Attac wird durch die zahlreichen Bildungsangebote bewiesen. In Leipzig können wir demnächst auf die 100ste “MittwochsATTACke – eine monatliche Bildungsveranstaltung, viele Jahre Organisation des globalisierungskritischen Filmfestivals “GlobaLE” und unzählige Diskussionen zu allen bewegenden Fragen der Zeit zurückblicken. Attac ist es mit zu verdanken, dass nicht leichtfertig Teile der Stadtwerke verkauft werden konnten, sondern ein Bürgerentscheid diese Absichten stoppte.

Attac hat in den letzten zehn Jahren aufklärerisch gewirkt, als fast alle anderen noch das hohe Lied freier Finanzmärkte sangen, zum Beispiel bei der Einführung der Finanztransaktionssteuer. Attac hat sich für Streichung von Schulden für die Schwächsten und die Besteuerung des Reichtums überall in der Welt eingesetzt, während Egoismus der Gläubiger die deutsche Wirtschaftspolitik prägt. Aktuell bietet Attac eine Plattform für die vielen Bürgerinnen und Bürgern, die sich aus guten Gründen gegen das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA zur Wehr setzen. Wieder sind viele der von Attac bekannt gemachten Argumente heute Gemeingut und werden bis zur Bundesregierung vertreten.

Insbesondere großen Konzernen und marktliberalen Politikern ist Attac aber schon lange ein Dorn im Auge. Mit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit wird die Existenz von Attac als kritisches Korrektiv gegen mächtige Wirtschaftsinteressen bedroht.

Bildungsarbeit erschöpft sich nicht in Volkshochschulveranstaltungen. Zum Einsatz für internationale Gerechtigkeit, Völkerverständigung und Demokratie gehören heute auch Kampagnen mit Appellen an die Politik. Das zeigen gemeinnützige Organisationen wie Greenpeace, BUND, Brot für die Welt und viele weitere. Dass sie sich in einer rechtlichen Grauzone bewegen, liegt am veralteten deutschen Gemeinnützigkeitsrecht. Wer dieses Gesetz so auslegt, dass es zu einer Aberkennung der Gemeinnützigkeit kommt, gräbt an den Wurzeln der Demokratie.

Wir fordern die Finanzverwaltung Hessens auf, die bestehenden die Spielräume im Gemeinnützigkeitsrecht wie andere Bundesländer auch liberal auszulegen und dem eingelegten Widerspruch von Attac zu folgen. Die Bundesregierung ist gleichzeitig gefordert, das Gemeinnützigkeitsrecht so zu modernisieren, dass klar wird: Der Staat unterstützt das gemeinwohlorientierte Engagement seiner Bürgerinnen und Bürger, auch wenn es für die Politik unbequem ist. Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Attac ist jedenfalls ein unerträglicher Schlag ins Gesicht aller engagierten und kritischen Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.

www.attac-leipzig.de
www.attac.de

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