Das globalisierungskritische Netzwerk Attac kritisiert die vom Rat der EU am Freitag verabschiedete Änderung im europäischen Steuerrecht als einen Tropfen auf den heißen Stein. Die Finanzminister der EU einigten sich auf eine kleine Änderung an der Mutter-Tochter-Richtlinie, mit der die Möglichkeit eingeschränkt wird, dass grenzüberschreitende Unternehmen konzernintern Kredite vergeben und damit die Steuerpflicht umgehen.
Karsten Peters, Mitglied des Attac Koordinierungskreises: “Der vom Ministerrat verabschiedete Text bleibt sogar hinter dem schon schwachen Vorschlag der EU-Kommission und der leichten Verbesserung aus dem Europäischen Parlament zurück. Beide Institutionen forderten eine grundsätzliche Verschärfung des Steuerrechts. Konstruktionen, deren Zweck offenkundig der Steuervermeidung dienen, könnten damit nicht zu einer Minderung der Steuerlast führen. Die Abgeordneten verlangten zudem eine Überprüfung und eventuelle Überarbeitung der Richtlinie bis Dezember 2016. Beides wird es nun nicht geben.”
“Vollkommen außer acht bleiben bei dieser Richtlinie zahlreiche andere Steuertricks”, ergänzt Detlev von Larcher, Attac-Steuerexperte. “Absurd hohe Lizenzgebühren, die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Tochterunternehmen und Betriebsstätten in den EU-Mitgliedsländern bieten noch immer eine ausgezeichnete Basis zur aggressiven Steuervermeidung. Alle in der EU tätigen Unternehmen, die diese und ähnliche Steuerumgehungsmöglichkeiten nutzen, dürften nach der Entscheidung der Finanzminister in die Hände geklatscht haben.”
Mit der Novelle wird die Steuervermeidung mit Hilfe sogenannter Hybridanleihen bekämpft. Diese oft sehr langfristigen Anleihen machen es sich zunutze, dass sie in einigen EU-Ländern als Eigenkapital, in anderen als Fremdkapital betrachtet werden. Die Konzernmutter vergibt eine langfristige Anleihe an eine Tochter in einem anderen EU-Land. Dort wird diese Anleihe als Kredit betrachtet, die Zinsen und Rückzahlungen der Tochtergesellschaft an die Konzernmutter mindern also die Steuerpflicht. Im Sitzland der Konzernmutter dagegen werden diese Zahlungen als Dividendenausschüttung behandelt und sind damit steuerfrei. Mit dieser Konstruktion können also Erträge steuerfrei von einem Land ins andere verschoben werden.
Attac und andere zivilgesellschaftliche Organisationen, an erster Stelle das Internationale Netzwerk für Steuergerechtigkeit, setzen sich seit Jahren für Mindeststeuersätze in der EU und eine Vereinheitlichung der Steuerbasis ein. Für global wirtschaftende Konzerne fordert Attac eine Gesamtkonzernbesteuerung, die dazu führen würde, dass die Gewinne in den Ländern besteuert werden, in denen sie gemacht werden.
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